Category DEUTSCHE FLUGZEUGTECHNIK 1900 – 1920

Die aufierordentlich hemerkenswerte Festigkeit der Fokker M.2

Im Zusammenhang mit dem oben erwahntem Wettbewerb fertigten die Firmen Albatros und Rumpler sogenannte "Klapptauben" an, um die Verladefahigkeit dieser Flugzeuge zu verbessern. Die Tragfliigel dieser Flugzeuge wurden in der Mitte noch einmal geteilt, um sie besser auf den Transportanhangern verstauen zu konnen. Am 4.September 1913 stfirzte Leutnant von Eckenbrecher mit einer solchen Rumpler-”Klapptaube" auf dem Exerzierplatz Heidau bei Berlin todlich ab. Umrehend wurden alle Flugzeuge der selben Lieferung aus dem Dienst herausgezogen und der Generalinspekteur Generalleutnant von Hiinisch, setzte eine Untersuchungskommission ein, die mit der Klarung der Unfallursache betraut wurde. Diese Kommission, bestehend aus Maj. Siegert, Obit. Joly, Obit. Frhr. v. Thiina, Lt. Buttlar und Dipl. Ing. Eberhard, stellten fest, dafi das Material aller Rumpler-Tauben in seinen Abmessungen zu schwach bemessen und den Beanspruchungen dadurch nicht gewachsen gewesen sei. Hand in Hand mit den Untersuchungen dieser Kommission gingen Belastungsversuche, wie sie in dieser Ausfiihrlichkeit noch nie zuvor angestellt wurden. Anhand dieser Belastungsproben wurde bewiesen, dafi diese fiir die Klarung grundsatzlicher Festigkeitsfragen und der Sicherheit der Piloten unerlasslich sind.

Zwischen dem 21.September und dem 9.0ktober 1913 wurden in Dbberitz zum ersten Male Flugzeuge bis zum strukturellen Bruch belastet. Die Untersuchungen erstereckten sich auf zwei Rumpler-Tauben mit festen und eine mit Klappfliigeln, eine Gotha-, eine Jeannin – und zwei Albatros-Tauben sowie einem Fokker-Eindecker.

‘) Fokker: Der flicgendc Hollander, 1933.

Das tiberraschende war nun, daft der Fokker-Eindecker durch seine, fur die damaligen Verhaltnisse erstaunlich hohe Sicherheit von 4,5 auffiel und seine aufterordentlich gediegene Konstruktion der Fltigelholme und deren Aufhangung auffiel1’2).

Ergebnisse der ersten Bruchversuche in Doberitz

Apparat

Bruchlast in kg

Gewicht des Flugzeuges kriegsmafiig belastet in kg

Sicherheits-

grad

1. Fokker-Eindecker4675,0

1029,0

4,50

2. Albatros

3614,8

1006,5

3,56

3. Albatros (Klapp)3555,0

1008,0

3,53

4. Jeannin

3429,0

996,2

3,45

5. Rumpler (1912)3146,0

919,0

3,42

6. Rumpler (1913)2853,0

987,0

2,90

7. Gotha

2768,0

1052,5

2,60

8. Rumpler (Klapp)2507,0

9. Aufier der Konkurenz nachgepriifter

997,0

2,50

verstarkter Rumpler

4122,0

1056,3

3,90

‘) Miluargeschichtliches Forschungsamt: DieMilitarluftfahrt his zum Beginn ties Weltkncgcs 1914, techmscher Band, S.77, 221-229, 1966.

") Bericht liber die Untersuchungen, veranlafit durch den Absturz des Leutnants v. Eckenbrecher mit Klapptaube іт September 1913: »…///. Bclastungsproben der Eindccker. 1. Versuchscinnchtung: Die Maschinen wurden in fertig montiertem Zustand auf den Кор/gcstcllt, dann vorsichtig auf den Rucken gclegt und schliefthch durch zu ci Bocke derart unterstutzr, da/ die BcLastung in der sclben Weise auf die Flugel wirktc, wic der Luftdruck im Fluge.

DicBeUstung der Tragdcckcn erfolgtc bei den jholmigen Tauben durch allmahhchcs Aufsetzen von mit Bleischroten gefullten Sacken in der Weise, daft zurjehst dir Mittclholmc bcider Flugel glcichzeitig von innen nach a often mit ciner Schicht von Blcisacken bclcgt •wurden, worauf beidcrscits gleichzeitig die Vorder – und Hinicrholme in dersclbcn Art beUstct wurden. Durch Aufsetzen wcitercr Schichtcn von Blei in dcrsclben Rcihenfolgc wurdc dieMaschinc schlicftlich zum Bruchc gcbracht. Bei der Iholmigen Fokker-Maschine erfolgtc die Bclastung bcider Holme glcichzeitig.

Die Vcrtcilung der hasten wurdc nach Moglichkcit so durchgefuhrt, daft sic cimgermaften der Verteilung des Luftdruckes im Fluge entsprach… l. Bru chprotokolle…

h.) Fokker A 99/13 (M.2)

Bclastungsgewicht

4530 kg

Flugclgcwicht

145 kg

Bruchlast

4675 kg

Gewicht der kriegsmdftig belasteten Mas chine

4675 kg

Sicherhcitsgrad S «= 4,5

Bruchursache: Einkmcken ciner Fahrgestcllstrebc.

Bemerkungen: l. Die maschinc glcichfalls bis zum Augenbhck des Bruchs absolut flugfahig. 2.Die aufterordentlich gediegene Konstruktion der Fluftbolme sowie ihrc sachgemdftc Befcstigung an den Holmcn lieften von vomhercin erkennen, daft der schwdchstc Punkt im Fahrgcstcll zu suchen ist.

Da der strukturelle Bruch der in Doberitz erprobten M.2 durch das Einknicken einer Fahrgestellgestellstrebe verursacht wurde, zu welcher die Flachen hin abgespannt waren, hatte die Sicherheitszahl durch eine entsprechende Verstarkung dieser Teile noch bis iiber das 5-fache hinaus gesteigert werden konnen. Auch wenn die Flugeigenschaften der Maschine nicht den militarischen Anforderungen entsprachen, so war die M.2 doch eines der sichersten Flugzeuge seiner Zeit im Dienst der Fliegertruppe.

Dadurch, dafi kurz vor dem Kaisermanover im 1913 20 Rumpler-Tauben der "Eckenbrecher-Serie" zur Verstarkung der Struktur aus den Heeresbestanden herausgezogen wurden, stellte sich bald ein Mangel an einsatzfahigen Eindeckern heraus, der sobald als moglich ausgeglichen werden mufite. Aus diesem Grunde wandte sich die Idflieg gegen Ende 1913 an die Firmen Aviatik, D. F.W. und Fokker und verhandelte mit ihnen iiber die Lieferung neuer Tauben Es ist aber nicht bekannt, dafi bei Fokker jemals Tauben gebaut wurden.

ІП. Die Zeit ab dem Ende des Jahres 1916

1. Die Bedeutung von Herm Reinhold Platz fur die Firma Fokker

Der Name Reinhold Platz wurde auf diesen Seiten schon manches mal erwahnt und nach dem tragischen Tod von Martin Kreutzer im Jahr 1916, so wird haufig erzahlt, soil er es gewesen sein, der dessen Aufgabenfeld iibernahm. In der gesamten Geschichte der Firma Fokker ist er wohl der heute am heftigsten diskutierte Mitarbeiter Anthony Fokkers gewesen. Welchen Stellenrang hatte dieser Mann in den Fokker-Werken? Ihm wird unter anderem die Konstruktion der Jagdflugzeuge Dr. I, D. VI, D. VII und D. VIII zugesprochen. Wir wollen hier in kurzen Ziigen den Werdegang von Reinhold Platz aufzeigen, um einen gewissen Einblick in das Leben dieses Mannes zu gewahren:

Er wurde am 16.Januar 1886 in Cottbus geboren und besuchte von 1892 bis 1900 die Volksschulen von Cottbus und Berlin. Danach beschaftigte ihn die Sauerstoff-Fabrik Berlin als Flilfsarbeiter, wo er sich mit dem Schlosserhandwerk vertraut machte. Dort lernte er auch den franzosen Fouche kennen. Fouche war der Erfinder der AutogenschweiEung und er fiihrte Reinhold Platz im Jahre 1904 in diese Technik ein. Sein Aufgabengebiet innerhalb der Sauerstoff-Fabrik Berlin bestand in den Jahren von 1905 bis 1907 darin, die aus Frankreich importierten SchweiEbrenner und die in Deutschland gebauten Acethylenanlagen in Deutschland, RuEland und der Schweiz vorzufiihren. 1907 wurde er dann zum Militardienst einberufen, den er beim l. Garderegiment z. F. Potsdamm absolvierte. Seine Entlassung erfolgte 1909. Bis 1911 Beschaftigte er sich dann mit der Einrichtung von SchweiEereibetrieben. Ende 1911 trat er in die Dienste von Anthony Fokker. Er war dort als SchweiEer und Schlosser tatig. Eine seiner besonderen Leistungen in dieser Zeit, war das SchweiEen von Aluminiumblech, was ihm erstmals nach langen Versuchen gelang. Nachdem die Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. von Johannisthal nach Schwerin-Gorries iibergesiedelt war, iibernahm er dort vorwiegend die Ausbildung von neuen SchweiEern und SchweiEerinnen. Nach dem Tode von Martin Kreuzer iibernahm er die neu eingerichtete Versuchsabteilung der Firma Fokker. Seine ersten Arbeiten als Leiter der Versuchsabteilung bestanden darin, einfache Versuche zur Festigkeit der zu verwendenden Bauteile in weitgehend experimenteller Art durchzufiihren. Bereits in der Jahreswende 1916-17 entstand die Fokker V. l, fiir die er die SchweiEungen vornahm. Bis 1919 war er an der Entwicklung der Fokker Jagdflugzeuge beteiligt. Nach der Flucht Anthony Fokkers nach Holland blieb er zunachst in der, in "Fokker-Werke", umbenannten Firma. 1921 folgte er Anthony Fokker nach Holland und arbeitete dort zunachst in den Fokker Fertigungsstatten in Veere. Ab 1924 wurde er von Herrn Fokker zum Fertigungsleiter der Schlosserei – und SchweiEereiabteilung der Fokker-Werke in Amsterdam gemacht und behielt don diesen Posten bis zu seinem Ausscheiden im Jahre 1931 inne. In dieser Zeit arbeitete er mit an der Entwicklung einiger bedeutender Transport – und Passagierflugzeuge und konnte so den weltweiten Ruf der Firma Fokker durch seine hervorragenden Kenntnisse der AutogenschweiEung und der Grundkonzeption von Stahlrohrriimpfen mit begriinden. Ab 1934 folgte er einem Angebot fiir das Reichs – Luftfahrt-Ministerium zu arbeiten. Im Rahmen dieser Tatigkeit arbeitete er bis 1945 bei zahlreichen bedeutenden Firmen der deutschen Luftriistung, wie zum Beispiel Arado, Dornier, Flettner, Heinkel, Henschel und auch Volkswagen. Zuletzt half er bei der Leitung und Neuorgamsation der Lehrenpriifstelle der Luftwaffe in Adlershof!).

Reinhold Platz hatte die Moglichkeit gehabt, als die rechte Hand Martin Kreuzers, bei der Entwicklung der friiheren Typen zahlreiche Erfahrungen zu sammeln, die ihm jetzt zugute kamen. Er zeichnete sich auch durch auEerst geschicktes und zuverlassiges Arbeiten aus. Schritt fiir Schritt entwickelte er sich zu einem mnovativen SchweiEer, dem kein Problem zu groE war, um es zu losen[20] [21]).

Nach Kreutzers Tod trar an dessen Stelle als Chefkonstrukteur der Fokker Flugzeugwerke G. m.b. H. ein Mann namens Moser, das dem so war bestatigt eine Postkarte aus jenen Tagen, die Moser mit Chefkonstrukteur der Fokker-Werke unterschrieb. Unter ihm entstand bei Fokker zum ersten Mai ein Entwicklungsbiiro das konsequente Forschungen und Festigkeitsuntersuchungen betrieb. Um die Untersuchungen durchzufiihren lieft man einen 3 m langen Stahltrager an einer Hallensaule durch ein Gelenk befestigen. Mit dieser relativ primitiven Vorrichtung konnte man Belastungen bis zu mehreren Tonnen erzeugen und Bauteile damit auf Zug, Druck und Scheerbeanspruchungen untersuchen. Die Abteilung des Entwicklungsbiiros bei Fokker fur Schweifikonstruktionen unter Reinhold Platz bestand aus etwa 13 der besten Arbeiter des gesamten Entwicklungsburos sowie einem Zeichner. Als Ausstattung erhielt die Versuchsabteilung, die im iibrigen aus iiber 50 Mann bestand alle notigen Werkzeuge, eine gewisse Menge an Schweiftgeraten sowie zwei Zeichenbretter fiir die Entwiirfe. Innerhalb kiirzester Zeit entstanden zahlreiche Prototypen von denen einige sogar Weltruhm erlangten. Unter Ihnen auch die Kampfflugzeugreihe Dr. I, D. VI, D. VII, E. V bzw. D. Vni. Zwar wird oft erzahlt, daft Reinhold Platz der Konstrukteur dieser Maschinen gewesen sein soil, aber das kann wohl ausgeschlossen werden. Es existiert kein Hinweis, der belegen konnte daft Platz tatsachhch Chefkonstrukteur war, oder iiberhaupt konstruiert hat. Er hatte hierzu auch iiberhaupt nicht die Vorbildung. Fest steht aber, daft er ein Genie war, was geschweiftte Stahlrohrkonstruktionen und sonstige Bauteile mit geschweifiten Verbindungen anbelangte. Derartige Dinge zu entwerfen lag in seinen Handen1,2).

Aber zuriick zum eigentlichen Text. Reinhold Platz war kein studierter Mann und sein Wissen iiber Flugzeugkonstruktionen beschrankte sich auf das damalige Grundwissen. Aber durch seine andauernden Versuche, die Festigkeit und Stabilitat der Detailkonstruktionen zu verbessern, gelang es ihm Stuck fiir Stuck sein Wissen zu vergroftern und so zum Entwurf neuer Typen, die stellenweise ihrer Zeit weit voraus waren, stark beizutragen.

Auch nach eingehender Studie des gesamten Quellenmaterials zu dem Thema der freitragenden, sperrholzbeplankten Tragfliigel (siehe 3.) kann ziemlich sicher behauptet werden, daft der einzige Grund fiir die Tatsache daft der Name Rheinhold Platz an der Entwicklung dieser Fliigel beteiligt war, der ist, daft es in seiner Verantwortung lag die Tragfliigelbeschlage auszuarbeiten. Dariiberhinaus war er in der Versuchsabteilung der Fokker-Werke daran beteiligt die ersten experimentellen Fliigel dieser Bauart herzustellen. Ob iiberhaupt^ und in wieweit er mit den folgenden statischen Belastungsversuchen zu tun hatte bleibt bislang vollig ungeklarr.

Fokker-Flugzeug-Waffenfabrik 1916-1918

Nach der Entwicklung der ersten Stangensteuerung, die den Jagdflug ermoglichte, wurden zunachst in Schwerin die Maschinengewehre des Typs MG 08, welche fiir den Gebrauch bei der Bodentruppe vorgesehen, und in grofien Mengen bei der Herstellerfirma »Lowe[42] in Berlin vorhanden waren, fiir die Verwendung in den Flugzeugen umgebaut. Die Waffenfirma selbst wollte sich hier keinen unnotigen Arbeitsaufwand zumuten, da die Liefermengen, welche an die Fliegertruppe gingen, zu gering waren.

Das Ergebnis der Modifikationen bei Fokker war ein erheblich leichteres Maschinengewehr, das sich fiir den Einsatz in Flugzeugen eignete. Als die Abnahmemengen der Maschinengewehre – Fokker baute zu dieser Zeit auch die Gewehre um, die an seine Mitbewerber geliefert wurden – standig weiter wuchs, wurde auf Veranlassung der Heeresverwaltung die Waffenabteilung der Firma Fokker in die Nahe der Herstellerfirma der Gewehre verlegt, um lange Lieferwege zu vermeiden. Die Verlegung der Waffenabteilung resultierte in der Griindung der »Fokker-Flugzeug-Waffen-Fabnk« mit Sitz in Berlin-Reinickendorf-Ost.

Die Grundung erfolgte etwa zur Mitte des Jahres 1916 und die Firma produzierte dann auch alle Gewehr- Steuerungen.

liber genaue Daten der Firmengriindung fehlen uns leider bislang noch weitere Informationen.

Baujahr 1918

Fokker V.19

Dieser Тур ist zwar in der Fokker-Typenliste aufgefiihrt, die dazugehorigen rechnischen Daten aber sind nicht eingetragen. Vermutiich handelte es sich hierbei um erne verbesserte Version der V. l7.

Baujahr 1918 (Januar)

Fokker V.20

Wie in der Kurzbeschreibung der V.17 erwahnt wurde auf Wunsch von Anthony Fokker eine Version dieser Maschine mit einem Reihenmotor bestiickt. Die Geschichte die mit der Entwicklung der V.20 beriihrt wird findet sich im Textteil.

Wie bei alien Modifikationen der Umlaufmotor-Flugzeuge zu Flugzeugen mit Reihenmotoren wurden auch hier die notigen Anderungen am Rumpf vorgenommen wobei die urspriingliche Form weitgehend erhalten blieb.

Baujahr 1918

Mit den Tragfliigeln war es genauso. Allerdings wurde hierbei das aufiere Erscheinungsbild abgeiindert. Die Form der Fliigel in der Draufsicht war wesentlich eckiger und die Querruder entsprachen den Stahlrohrkonstruktionen der V.5 die mit Stoff bespannt waren und aerodynamischen Ausgleich besaben.

Bekannte technische Daten:

Bezeichnung:

Militarbezeichnung

Firmenbezeichnung

V.20

Anordnung der Flachen:

Anzahl der Flachen

1

Anstellwinkel

Schraglagensteuerung

Querruder

Triebwerk:

Motorleistung

160 PS

Motorgewicht

287,0 kg

Kiihlerhersteller

N. K.

Kiihlergewicht

20,5 kg

Benzintank

60 1 druck

Oltank

5,01

Hersteller

Mercedes

Die Flugzeugentwicklung und die Erweiterung der Werke bis zum Ende 1913

Der nachste Тур in der chronologischen Folge war die M.3. Auch sie enthielt alle Merkmale wie sie seit der Spinne von Fokker beibehalten wurden. Im Prinzip entsprach sie der M.2, barg aber einige Anderung am Rumpf in sich. Zwar wurde auch dieser auf der Grundlage des Rumpfes der Jeannin-Stahltaube von Reinhold Platz aus Stahlrohren geschweilk, hatte aber diesmal keinen runden, sondern einen eckigen Querschnitt. Angetrieben wurde auch sie durch den 95 PS Mercedes Motor.

Den erfolglosen Jungfernflug der M.3 fiihrte Anthony Fokker am 26.September 1913 in Johannisthal durch. Die Lebensdauer der Maschinen blieb auf einen kurzen Zeitraum beschrankt. Im November 1913 ging sie wahrend einer Landung nach einem Trainingsflug zu Bruch. Anthony Fokker entschied sich dazu eine Variante der M.3 zu bauen, die von einem 70 PS Renault angetrieben werden sollte. Dieser Тур erhielt die Bezeichnung Fokker M.3A. Die M.3A war ein Fehlschlag und wurde von Fokker an einen Russen verkauft. Sparer ging sie in den Besitz von Ernst Dietzuleit iiber. Er zerstorte sie schlieftlich am /.September 1914 durch eine unsanften Landung.

Es war offensichtlich, daB Anthony Fokker, solange er an den Punkten seiner Patentschrift festhielt und weiterhin Flugzeuge nach ihr bauen wiirde, nicht im harten Wettbewerb um Militarauftrage wiirde bestehen konnen. Die Zeit war reif fur die Entwicklung von neuen, andersartigen Flugzeugtypen, die mehr Erfolg versprachen als die bisherigen. Fokker erteilte an einen seiner Mitarbeiter, den Ingenieur Palm den Auftrag einen neuen Flugzeugtyp zu entwickeln, der im Stande sein sollte endlich den gewiinschten Anforderungen der Militars zu entsprechen. Aus Palms Arbeit ging die Fokker M.4 hervor. Einmal mehr war es Reinhold Platz, der den Rumpf aus Stahlrohren schweiBte und sich dabei einige Neuerungen einfallen lieB und auch umsetzte. Wahrend also der Rumpf ein weiteres Mai aus Stahlrohren aufgebaut war, bestand die Konstruktion der Tragfliigel aus Holz und wurde nach oben und unten abgespannt.

Die Steuereinrichtung der M.4 entsprach endlich auch den Anforderungen des Heeres. Sogar die Schraglagensteuerung wurde nicht mehr mittels Flachenverwindung erzielt sondern durch Querruder. Gebaut wurde dieses Flugzeug in den Werkhallen der Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. in Schwerin. Ihr Jungfernflug erfolgte im November 1913.

Als die M.4 durch Leutnant Miihlig-Hoffmann fiir die Behorden gepriift wurde, bescheinigte er der Maschine ein unstabiles Flugverhalten und mangelnde Leistungsfahigkeit. Damit war dieser Prototyp und die damit verbundenen Anstrengungen und Versuche der Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. im Wettkampf um Auftrage fiir das Militar ein weiterer Schlag ins Wasser geworden. Die M.4 wurde daraufhin zerlegt.

Noch wahrend die M.4 in Planung und im Bau war, entwarf Palm gemeinsam mit seinem Assistenten Martin Kreutzer ein weiteres Wasserflugzeug nach den Wiinschen von Fokker – die W.2. Geplant war von ihm dieses Wasserflugzeug im August 1914 an einem angekiindigten Wasserflugzeug-Wettbewerb des Reichs-Marine – Amtes teil nehmen zu lassen, wozu es allerdings nicht mehr kam.

*) Militargeschichtliches Forschungsamt: DieMilitarluftfabrt bis zum Beginn des Weltkrieges 1914, technischer Band, S.90, 1966

) Derartige Zusatzbezeichnungen wie A, E = Einsuelig, К = Klappenverwindung, Z=Zweistielig usf. waren keine Fokker-Bezeichnungen. Sie werden hier lediglich von uns zur besseren Unterscheidung der einzelnen Varianten verwendet.

Bereits nach wenigen Versuchsfahrten auf dem Schweriner See und kurzen Fliigen gewann Anthony Herman Gerard Fokker den unumstiirzlichen Eindruck der Aussichtslosigkeit dieses Entwurfes und lieft die W.2 umgehend demontieren. Fokker trennte sich daraufhin von Palm.

Trotz all dieser Fehlschlage in der Entwicklung von neuen Prototypen wurde die Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. von der Militarfiihrung dennoch auf die Liste all derer deutschen Flugzeughersteller gesetzt, denen die Moglichkeit weiterer Auftrage durch die Militarfiihrung in Aussicht gestellt wurden.

Daft dies so blieb, konnte Fokker einzig und alleine der Tatsache verdanken, daft seine verbissenen Versuche fiir den Militardienst taugliche Prototypen hervorzubringen einen so groften Eindruck bei den Militars hinterlieften, daft sie ihn auch weiterhin im Auge behalten wollten obwohl seine bisherigen Arbeiten weitgehend glatte Fehlschlage waren.

Als Nachfolger des Konstrukteurs der M.4 und der W.2 wurde von Anthony Fokker dessen Assistent Martin Kreutzer eingesetzt. Er war Ingenieur, und ein guter obendrein. Reinhold Platz entwickelte sich nach und nach zur rechten Hand Kreutzers, der bis zu seinem Tod im Sommer des Jahres 1916 bei Fokker der Verantwortliche fiir die Entwicklung neuer Typen blieb. Platz beschrieb ihn als sehr angenehmen jungen Konstrukteur und Flieger.

Ab Oktober 1913 hatte die Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. ihre gesamten Produktionsraume von Johannisthal nach Schwerin-Gorries, und Schwerin selbst, verlegt. Das Einzige was Anthony Fokker in Johannisthal noch in Betrieb hielt war seine Flugschule fiir Zivilpersonen sowie eine kleine Reparaturwerkstatte, in der Schaden an Trainingsflugzeugen behoben werden konnten. Die Geschaftsleitung wurde von Hans Haller iibernommen. Unterdessen hatte Fokker mittlerweile ca. 100 Arbeitsplatze in seinem Unternehmen geschaffen. XVirtschaftlich gesehen ging es der Firma des hollanders aber dennoch nicht gut. Sie war verschuldet und augenblicklich nicht in der Lage ihre Glaubiger, vorwiegend hollandische Finanziere aus dem Bekanntenkreis der Familie Fokker, darunter auch Anthonys Onkel Eduard Fokker, zu bezahlen. Auch die Militar-Flugschule warf bei weitem nicht mehr soviet Profit ab wie noch kurz zuvor.

Daft er weiterhin geplant hatte sowohl Wasser – als auch Landflugzeuge in seiner Firma zu bauen, beweist eine weitere Werbeanzeige aus der Deutschen Luftfahrer-Zeitschrift vom 25.Juni 1913 und der Umstand, daft die Stadt Schwerin ihm ein Gelande am Schweriner See zur Verfiigung stellte und ihm don eine Halle fiir den Bau von Wasserflugzeugen errichten liefi.

Flugzeugfabrik "Fokker"

Die steigende Nachfrage nach Wasserflugzeugen hat viele Firmen veranlafh, einen Fell ihres Betnebes an hierzu geeignete Pldtze zu verlegen. A Is einer der schonsten gilt wohl der Schweriner See.

Die Residenzstadt Schwerin hat hierfiir in entgegenkommenster Weise der Firma Fokker-Aeroplanbau G. m.b. H. ein Terrain unmittelbar an diesem See zur Verfiigung gestellt, auf welchern durch die Firma R. Thiede, Berlin-Ha len s ее, im Auftrage der Stadt Schwerin in 8 Wochen eine Wasserflugzeugfabrik erbaut worden ist, welche in jeder Richtung als mustergiiltig bezeichnet werden kann.

DiegrofeAnlage, welche, wie unser Bild zeigt, sich aufierst reizvoll der naturschonen Gegend anpafit, besteht aus einer 20 x 26 m grofien Febnkationshalle, welcher sich die Schreinerei, Bootsbauerei, Tapeziererei, Lackiererei, der matenalraum, Arbeiteraufenthaltsraum, Raum fiir den Werkmeister, Waschraum und hieran in einem seitlichen Anbau Klosett – und Garagenraiime anschliefien.

Neben dergrofen Fabrikationshalle, deren Dach von fiinf Mittelstiitzen getragen wird, liegt die Flugzeughallefiir die fertigen Apparate, 20 x 26 m grofi, deren Dach freitragend, nach System Thiede, hergestellt ist. Ein 20 m breites Tor some erne Slippanlage vermittelt die direkte Verbindung mit dem See. Auf der vorderen Strafenseite hegen in einem massiven Anbau die Verwaltungsrdume. Das ganze von einem Zaun umgebene Werk ist in seiner Grundrifanordnung sowie in semen konstruktionen als gut gelungen zu bezeichnen.!)

‘) Deutsche Luftfahrer-Zeitschrift Nr.4: S.93 vom 18.Februar 1914.

Uber die Existenz von Werkszeichnungen bei Fokker

An dieser Stelle des Buches mochten wir gerne mit einer weitverbreiteten Vorstellung aufraumen, die im Laufe der letzten Jahrzehnte regelmiiftig neu aufpolliert den Lesern von Artikeln und Biichern vorgekaut wurde. Es steht don in verschiedenen Schriften von unterschiedlichen Autoren, aber mit fast demselben Wortlaut folgendes beziiglich der Lizenzfertigung des Fokker D. VII bei Albatros geschneben: "Die erste Uberraschung brachte jedoch die Tatsache, dafl im Stammwerk Fokkers keme Zeichnungen der D. VII mrnerten, von denen man Pausen herstellen konnte, die Grundlagen eines Nachbaues. Reinhold Platz hatte nie Zeichnungen herstellen lassen, er entwarf jedes Flugzeug auf Millimeterpapier im Mafistab 1:100, und in der Praxis burden danach die Grundmafie direkt auf das zu verarbeitende Material zum Zuschmtt iibertragen. In anderen [22] [23]

Werken и. urden Flugzeuge entivorfen, indem man sie mit Kreide auf die Wande und Fufiboden zeichnete und die Mafie direkt mit einem Zollstock abnahm. "’)

Wie absurd und abwegig diese Darstellung ist, diirfte doch jedem klar sein. Man stelle sich nur einmal ein Flugzeug – nehmen wir den Dr. I – mit einer Rumpflange von 5.77m vor. Teilt man das jetzt durch 100, so erhalt man eine Lange von 0,0577m. Oder anders gesagt 5,77 cm. Wer soil denn hiernach ein ganzes Flugzeug bauen? Geschweige denn Kleinteile wie Rippen oder gar Beschlage! Abgesehen hiervon existieren noch geniigend Fokker-Werkszeichnungen von unterschiedlichen Flugzeugen[24] [25]). Wenn man also nicht davon ausgeht, dafi diese Zeichnungen alle im nachhinein angefertigt wurden und damit Falschungen sind, laBt sich die oben zitierte Behauptung, es wurden nie Werkszeichnungen angefertigt, iiberhaupt nicht halten. Und Flugzeuge im MaBstab 1:1 mit Kreide auf die Wand zu malen hat ebenso wemg Sinn wie ein Flugzeug im MaBstab 1:100 auf Millimeterpapier zu skizzieren. Zumal einige der Prototypen parallel zueinander in Serie aufgelegt wurden. Die Wande und FuBboden der Werkhallen waren also bald sehr uniibersichtlich mit Flugzeugen vollgemalt gewesen.

Dieser Irrglaube kam vermutlich durch den groben Abschreibfehler eines Autors zustande, der dann im Laufe der Zeit immer haufiger abgeschrieben wurde und dadurch seine Verbreitung erfuhr. In einem Interview beschrieb Reinhold Platz die Vorgehensweise bei der Entwicklung neuer Typen. Er erzahlte, daB zunachst die Umrisse eines neuen Flugzeugs im MaBstab 1:10 auf Millimeterpapier gezeichnet und dann die Lagen von Motor, Bewaffnung und Pilotensitz festgelegt wurden. Nach erfolgter Schatzung des Rumpfgewichtes wurde dann der Schwerpunkt ermittelt und die Fliigellage eingezeichnet. Wenn notwendig, dann konnte die Lange des Rumpfes geandert werden, um die Schwerpunktlage zu korrigieren. Fur die Rumpflange wurde schon bald ein Erfahrungswert ermittelt. Dieser entsprach 2,25 x die Tiefe der Tragflache und bezog sich auf den Abstand zwischen den Leitwerksachsen und dem Schwerpunkt des Flugzeuges. Wenn das getan war, wurde als nachstes das gesamte Leitwerk eingezeichnet und die Lage des Fleckspornes bestimmt. Danach wurde unter die Seitenansicht die Draufsicht der Maschine projiziert und die Starke der Stahlrohre im Rumpf ermittelt0. Auch zum Thema der Werkszeichnungen bei Fokker existiert noch eine schriftliche Uberlieferung von Reinhold Platz selbst. Er notierte ’: "Ich glau. be nicht, daj? Fokker je fachliche Zeichnungen angefertigt hat, dafi er verstand, sie zu lesen, mochte ich nicht beztveifeln. Bei Vorlage und Erklarung meiner Projekte undSkizzen verstanden imr uns gut und schnell.

Zunftige Werkszeichnungen habe ich ilbrigens selbst auch nicht gemachu Nach mafihaltigen genauen Skizzen auf Millimeterpapier und nach den fertigen Musterflugzeugen nurden erst Fabrikationszeichnungen im Zeichenbiiro hergestellt."

Nach dieser Aussage kann es wohl zutreffen, daB, als die Lizenzfertigung der D. VII bei Albatros anlaufen sollte noch keine wahren Fabrikationszeichnungen existierten, da das Flugzeug, das aus dem Vergleichsfliegen als Sieger hervorging, tatsachlich ein solches Musterflugzeug, wie sie als Einzelstiicke im Entwicklungsbiiro nach solchen maBhaltigen genauen Skizzen angefertigt wurden, war.

Flugzeugwerft Liibeck-Travemunde G. m. b. H. Dezember 1917 bis Dezember 1918

Die Flugzeugwerft Lubeck-Travemtinde G. m.b. H. war ein Ableger der 1911 durch Erich Thiele gegriindeten Deutschen Flugzeug-Werke mit Sitz in Leipzig-Lindenthal. Die Flugzeugwerft-Liibeck Travemiinde wurde im Jahre 1914 eingerichtet und sollte die Produktion von Seeflugzeugen fur die D. F.W. sowie die dortige Ausbildung von Marine-Piloten iibernehmen. Im Dezember 1917 stieg Fokker in die Unternehmung als Teilhaber mit ein. Ein Jahr spater, im Dezember 1918 schied er aus der Unternehmung wieder aus. Seine Anteile an dem Unternehmen wurden von Karl Caspar iibernommen, welcher spater die gesamte Werft iibernahm.

In seiner Biografie schrieb Fokker nur sehr wenig iiber seme Beziehung zu dieser Firma. Seinen Aufzeichnungen zufolge kaufte er die Gesamte Firma und wollte don Wasserflugzeuge eigener Konstruktion fabrizieren und nach dem Krieg auf Zivilflugzeuge umstellen1).

Abgesehen von den vier in der Flugzeugwerft-Liibeck-Travemiinde hergestellten Seeaufklarern, wurden dort auch zwei Fokker D. VII mit Sperrholzriimpfen gebaut2).

2. Sonstige

Fiir die gesamte kaufmannische Leitung seiner Unternehmung richtete Fokker im Laufe des Jahres 1916 in Berlin ein Zentralbiiro ein, dessen Leitung Wilhelm Horter unterstand.

In letzter Zeit wird auch oft von einer zweiten Pianofabrik berichtet – »Pianofabnk Neutzmann« in die sich Fokker noch eingekauft haben soil. Hierriiber befinden sich im Archiv des Autors keine Unterlagen, so dafi man sich hier nur auf die einschlagige Literatur als Quelle beziehen kann.

. Baujahr 1918 (Februar)

Fokker V.21

Im Text haben wir beschrieben, wie die Modifikationen der V. ll zur V.21 fiihnen und diese als D. VII in Serie gin§-

Bestandteil dieser Modifikationen waren unter anderem auch, dafl die Tragflachen im Profil nach auflen hin abnahmen.

Bekannte technische Daten:

. Baujahr 1918 (Februar)

Bezeichnung:

Militarbezeichnung

Firmenbezeichnung

Anordnung der Flachen: Anzahl der Flachen Anzahl der Stiele Anstellwinkel Schraglagensteuerung

Triebwerk:

Motorleistung

Motorgewicht

 

: D. VII : V.21

 

2

1

0,5° + 1° Querruder

 

: 160 PS : 285,0 kg

 

. Baujahr 1918 (Februar)

. Baujahr 1918 (Februar)

Kiihlerhersteller

N. K.

Kiihlergewicht

20,5 kg

Benzintank

90 1 druck

Oltank

12,01

Flersteller

Mercedes

Abnahme Gewichte:

Leergewicht

688 kg

Benzingewicht

59 kg

Olgewicht

6 kg

Pilotengewicht

80 kg

Kiihlwassergewicht

13 kg

Bewaffnung

60 kg

Vollgewicht

906 kg

Spezifisches:

Sitzzahl

1

Art der Bewaffnun^ Tragende Flache m“

2 MG

20,2

Spez. Belastung kg/m“

44,85

Verhaltnis kg/PS

5,6

Steigzeiten:

500Cm

15 Min.

Abmessungen:

Lange

6.945 mm

Breite

S.900 mm

Flohe

2.945 mm

 

. Baujahr 1918 (Februar). Baujahr 1918 (Februar)

Thiedes Flugzeugf abriken u. Hallenbau

Thiedes Flugzeugf abriken u. Hallenbau

Fokkerfabrik in Schwerin, erbaut im Jahr© 1913

An Lieferungen fur das Militar konnte Fokker im Jahre 1913 zwolf seiner Eindecker zu insgesamt 494.000,- Mark verbuchen ‘). Damit rangiene er fur dieses Jahr an 5-Stelle der von der Fdeeresverwaltung beschafften 183 Eindeckern. Vor ihm lagen die Firmen Rumpler mit 66, Albatros mit 37, Gotha mit 36 und Jeannin mit 26 Flugzeugen. Nach ihm kamen noch Euler mit 3, Mars mit 2 und Luftfahrzeugbau mit 1 Eindeckern. Zusatzlich wurden vom Fleer im Jahre 1913 278 Doppeldecker beschafft worden. Bei einer Gesamtneuanschaffung von 461 Flugzeugen stellten Fokker-Flugzeuge dabei nur einen prozentualen Anted von 2,6%. Seine Rolle bei der Beheferung des Militars war also gegen Jahresende 1913 noch sehr gering. Abgesehen davon waren noch einige weitere zu etwa den gleichen Konditionen an Privatpersonen verkauft worden.

Die Prototypen VI, V 2 und V.3

Genau wie Anthony Fokker war auch der Chefingenieur der Fokker-Werke der Ansicht, daft fast alle der damaligen Flugzeugentwicklungen viel zu kompliziert aufgebaut waren und, daft einfachere Konstruktionen erstens viel einfacher zu bauen seien, zweitens einfacher zu handhaben und zu warten waren sowie drittens urn einiges funktioneller und zweckmafiiger sein wtirden. Die Ideen, die das Entwicklungsbiiro verfolgte waren simpel. Das neue Flugzeug mufite klein sein, um die Wendigkeit zu erhohen, die Konturen muftten klar verlaufen, um die Geschwindigkeit zu optimieren, die Tragfliigel muftten frei von jeglicher auftenliegender Verspannung sein, um den Bau und das Auf – und Abbauen zu erleichtern. Abgesehen von diesen Punkten mufite es ein Doppeldecker sein, da die Militars nach solchen verlangten.

Nachdem die Ideen skizziert waren, wurden einzelne Bauelemente verschiedenen Belastungsproben unterzogen, die sie grofttenteils mit Bravour bestanden, und wo sie das nicht taten wurden sie eben entsprechend umkonstruiert.

Es fand zum ersten mal bei Fokker die Durchfiihrung einer neuen Entwicklung bis zur Verwendungsfahigkeit des Endproduktes statt. Aus diesen Forschungen und Experimenten ging das erste Flugzeug mit "V"-Kodierung hervor, die Fokker V. l. Dieses Flugzeug war eine Revolution in sich und besafi derart klare Ziige, daft es allein dadurch schon auffiel.

Um ein entsprechend hohes Tragheitsmoment fiir die verspannungsfreien Tragflachen zu bekommen, muftten die Fliigel extrem dick ausfallen, um die massiv anmutenden Holme aufzunehmen. Zum Vergleich sei hier erwahnt, daft die damals iibliche Fliigeldicke bei ca. 5%

Die Prototypen VI, V 2 und V.3

Werkszeichnung der Fokker V.2 (D. VII) ¥N 1533

Die Prototypen VI, V 2 und V.3

Werkszeichnung des Fahrwerks der V.2 (D. VII) WN 1533

 

Werkszeichnung der Achsverkleidung der V.2 (D. VII) WN 1533

 

Die Prototypen VI, V 2 und V.3

der Fliigeltiefe lag. Die Tragflache der V. l hatte erne Dicke von etwa nahezu 20%, was natiirlich auf den ersten Blick extrem unvorteilhaft erschien. Das Fliigelprofil der V. l war in erster Linie so dick, damit die massiven Holme aufgenommen werden konnten. Dieses Profil erwies sich als derart giinstig, daF es nahezu unverandert bei samtlichen Hochdeckern, die folgten, verwendet wurde. Eine zusatzliche Bauweise, die dem Fliigel selbst eine sehr hohe Stabilitat gab, war deren Beplankung mit Birkensperrholz.

Es ist in diesem Zusammenhang einmal ganz interessant auf den Ursprung der Idee dieser freitragenden, sperrholzbeplankten Flugelkonstruktion einzugehen. Im allgemeinen wird angenommen, diese Bauausfiihrung sei auf eine Idee von Rheinhold Platz oder gar Fokker selbst zuriickzufiihren. DaF dem nicht so ist, beweist ein Briefwechsel zwischen dem schwedischen Ingemeur Villehad Forssman und Fokker aus dem Friihjahr 1916. Forssman besaF ein Patentbiiro in Berlin, das alle Patentfragen Fokkers bis dahin behandelt hat. Dieser Briefwechsel wurde erst vor einigen Jahren dem bekannten amerikanischen Historiker Peter Grosz durch die ehemaligen Fokker Flugzeugwerke in Amsterdam fur seine Forschungen zur Verfugung gestellt und Kopien davon liegen auch uns vor.

Gemafi seiner Politik wollte Fokker eine weitere Variante gebaut haben, die mit einem Reihenmotor ausgestattet werden sollte. So entstand die Fokker V.2. Bis auf das Antriebsaggregat, einem 160 PS starken Mercedes Motor, war sie mit der V. l identisch, wobei hier natiirlich durch Mosers Mitarbeiter samtliche notigen Anderungen vorgenommen wurden, die mit der Ausriistung des wesentlich schwereren Motors zu tun batten. Die Tragflachen wurden verstarkt und vergroFert, der Rumpf ebenfalls. Die V.2 durchlief noch einige Modifikationen. Hierbei wurde unter anderem der Oberfliigel weiter vom Rumpf entfernt angebracht und erhielt einen Kiihler an der Fliigelnase. Weiterhin wurde das Leitwerk in eine konventionellere Form umgeandert und glich nun dem der Jagdflugzeuge der Firma Albatros. Die Anderung des Leitwerks wurde von Fokker auf Anregung von Manfred von Richthofens vorgenommen, der das Albatrosleitwerk als sehr voneilhaft empfand. Diese Anderungen brachten auch die Abanderung der Bezeichnung des Flugzeugs mit sich, das von nun an V.3 hieF. Alte Fokker Werkszeichnungen identifizieren die Maschinen V.2 und V.3, wie wir oben gesehen habe, auch als Fokker D. VII. Es sei hier ausdriicklich darauf hingewiesen, daft die Modifizierung der V.2 zur Typenbezeichnung V.3 fiihrte und nicht der erste Prototyp des Dr. I die Werksbezeichnung V.3 trug, wie es haufig dargestellt ist.

DieFrage, warum diese drei neuen Typen nicht auf Interesse bei der Idflieg gestoFen sind istnicht beantwortet. Tatsache bleibt, daF man bei Fokker die weitere Entwicklung von anderen Flugzeugen vornahm).

Abjanuar 1917 war die deutsche Fliegertruppe wieder in der Lage die Luftherrschaft zuriick zu gewinnen. Das lag daran, daF mittlerweile die neuen Albatros-Typen D. III und D. V mit den leistungsstarken Mercedes – Trie’bwerken an der Front eingefiihrt wurden.

Mil diesen neuen Flugzeugen war es unseren Fliegern moglich, sich innerhalb ktirzester Zeit wieder den Respekt lhrer Gegner zu erringen.

‘) Fokker: Der flicgende Hollander, S.209, 1933. Uber das Verhalten der nach Schwerin entsandten Kommission, welche die V. l beurteilen sollte, schrieb Fokker folgendes witziges: "… Wir stiegen aus шиї ich fiihrte sie an den Startplatz, wo mem feiner neuer Doppeldecker in all seiner Schonheit schon wartctc. Er war unter etwa einem halhen Dutzend anderer mchtssagender Typen sofort herauzukennen, trotzdcm machte ich mit der schlcchtverhehlten Freude des glucklichen Erzcugers eine weit ausladende Handhewegung nach ihm hin und sagte: »Meine Herren, hitte schauen Sie!« Sicschauten • in eisigem Schweigen. Sie starrten die Maschine an und gingen um sie herum, vorsichtig, als oh sie Angst hatten, sie wurde beissen. Einer stcllte vemundert die idiotische Frage, wie eigentlich die Fliigel festgemacht seien, als oh ich ein Lehrling ware, dem erst die A nfangsgrunde der Mechanik hcigebracht werden miissten. Sie fassten die Fliigel an, als oh sie zweifelten, dass sie wirklich da seien. Sie riittelten an den Fliigcln, als oh sie crisrtcten, sic wiirden gleich ahfallen. Sie stiessen mit der Faust in den Flugzeugkorper, als oh sie nicht iiherrascht sein wurden, wenn er sich plotzlich in einen Kiirbis verwandelte. Wie auf Kommando hegannen sie mit komischem Ernst die Kopfe zu schiitteln – es war das reinste Operettentheater!"

In dieser Darstellung fuhr Fokker fort und berichtete, daft sich auch nach dem Vorfliegen der Maschine, in der er sie alien moglichen Beanspruchungen unterwarf, die Kommission nicht entscheiden konnte, das Flugzeug fur den Fronteinsatz zu empfehlen. Als Begrundung gaben die Herren an, daft die Frontpiloten der "wackeligen" Erscheinung des Flugzeuges kein Vertrauen entgegen bringen konnten. Moglicherweise ist dies tatsachlich der Grund fur das Dessmteresse der Heeresverwaltung, schliefilich kann ein Pilot, der seiner Maschine nicht voll und ganz vertraut, nicht alles aus lhr heraussholen, wenn es zum Gefecht mit einem Gegner kommt.