Die erste Serienmaschine, der die neue Waffe eingebaut wurde, war Werk-Nummer 216. Es handelte sich hier um eine M.5K. Fokker selbst versuchte die Maschine im Flug und alles schien einwandfrei zu funktionieren. Das Flugzeug wurde dann dem Militar vorgefuhrt, das sichtlich iiberrascht und beeindruckt davon schien, daft bereits eine Woche nachdem Fokker das Flugzeug von Garros gesehen hatte, dieser Hollander in der Lage war sogar etwas besseres als gepanzerte Propellerblatter zu prasentieren. Was den Herren nicht bekannt gewesen sein diirfte, war, dafi man auch bei Fokker schon langer an dem Problem arbeitete1).
Mittlerweile war die Flugzeugklasse "E" eingefiihrt, was fiir einsitzige Jagdflugzeuge stand. Die neue Waffe wurde umgehend in einer Stiickzahl von 45 Flugzeugen bestellt. Fokker erhielt den Auftrag von jetzt ab primar dieses Flugzeug zu fertigen und Teile der Bestellten M.8 wurden abbestellt. Die neue Bezeichnung der M.5K wurde geandert und hielS von nun an Fok. E.
Anders als Werk-Nummer 216 wurden die Serien-Eindecker nicht mit dem Parabellum Maschinengewehr ausgertistet, da die neue Waffe nicht in der benotigten Stiickzahl zur Verfiigung stand, sondern erhielten die luftgekiihlte Variante des M. G. 08. Seine Bezeichnung lautete M. G. 08/15 und es wurde die Standardwaffe fiir den Einsatz in Flugzeugen.
Der erste Abschufi eines synchronisienen Eindeckers konnte am l. Juli 1915 verbucht werden, als es Leutnant Kurt Wintgens gelang einen franzosischen Hochdecker der Firma Morane-Saulnier abzuschiefien. Am 1.August 1915 gelang es Max lmmelmann mit seiner neuen Fok. E. (wahrscheinlich E.3/15) ein britisches Bombenflugzeug zur Landung auf deutschem Gebiet zu zwingen. Dies waren die ersten Luftsiege des neuen Typs und sie lauteten den Beginn einer Wende im Kampf um die Luftherrschaft ein.
Jetzt war klar geworden, daft unbedingt Einheiten geschaffen werden mufiten deren Aufgabe es war, den Gegner in der Luft zu jagen und zu schlagen. In der Folge wurde das erste Kampf-Einsitzer Kommando unter der Fiihrung von Max lmmelmann aufgestellt. Dazu wurden die Fokker E. I, die zuvor den verschiedensten Feldflieger-Abteilungen zugestellt waren zusammengezogen, blieben aber unter deren Befehl. Kurz darauf wurde erkannt, dafi unmittelbar in der Niihe der Front zum schnellen Zuschlagen Einheiten benotigt wurden, die diese Aufgabe noch effektiver durchfiihren konnten und nur mit Jagdflugzeugen ausgestattet werden sollten. Hiermit begann nun die Geschichte der unabhangigen Jagdstaffeln, deren Aufgabe es war Fesselballons und feindliche Flugzeuge nicht nur abzudrangen, sondern gezieli zu vernichten.
"FOKKER" – dieser Name wurde in den Reihen der Alliierten das Synonym fiir die gegnerische Uberlegenheit im Luftgefecht. Und als "FOKKERFUTTER" wurden die franzosischen und britischen Flugzeuge bald auch von deren eigenen Politikern bezeichnet.
Am H. Januar 1916 wurde ein Befehl des Royal Flying Corps Headquarter ausgegeben in dem britische Piloten angewiesen wurden nur noch in Rotten von je drei Flugzeugen die Front zu iiberfliegen und nicht auch nur einen weiteren Luftkampf mit "FOKKERN" mehr anzunehmen bevor nicht wenigstens ein neuer Тур entwickelt ist der denen etwas entgegenstellen konnte. Auf diese Weise erlangte Anthony Fokker nun auch einen ausgesprochen guten Bekanntheitsgrad bei unseren grofien Gegnern von einst, die noch vor nicht allzu langer Zeit nichts von ihm als Flugzeughersteller wissen wollten.
Zunachst war der neue Fokker E.-Typ den meisten gegnerischen Baumustern in Geschwindigkeit und Steigleistung iiberlegen, was aber nicht sehr lange anhielt. Spatestens nach Erscheinen der schnelleren und wendigeren Nieuport wurde Fokker vom Heer darum gebeten das Flugzeug zu verbessern.
‘) Fokker: Der /Ungentle Hollander, S.156-177, In seinem Buch schrieb Fokker auch, dafi es ihm trotz der gelungenen Vorfiihrungen, nicht gelungen sei endgultig zu uberzeugen. Er sei darum aufgefordert worden, die Brauchbarkeit seines Flugzeuges selbst im praktischen Luftkampf durch den Abschufl eines feindhchen Fhegers zu beweisen. Es existiert auch eine Fotografie, die lhn in der Uniform eines Leutnants der deusichen Fliegertruppe zeigt. Dafi Fokker tatsachlich uber der Front flog, und dabei beinahe einen Franzosen abgeschossen hatte wenn ihm nicht in letzter Sekunde Skrupel gekommen waren, wie er ausftihrlich beschrieb, kann angezweifelt werden. Der deutsche Militarisms hatte es mit Sicherheit nicht zugelassen, dad ein Zivilist die Uniform eines Leutnants tragt und dafi ein Fabrikant von Knegsmatenal sein Leben bei einem solchen Untemehmen auf das Spiel setzt. Als wahrscheinlicher kann angenommen werden, dafi die Uniform nur kurz fiir die Momentaufnahme angezogen, und der Rest der Geschichte erfunden worden ist.
Martin Kreutzer nahm einige Modifikationen vor, die es dem Flugzeug ermoglichten den starkeren, neuen Oberurseler Umlaufmotor von 100 PS aufzunehmen. Das modifizierte Flugzeug erhielt die Werksbezeichnung M.14 und die offizielle Militarbezeichnung Fok. E. II. Allerdings gab es bei der Auslieferung des Motors Verzogerungen, so dafi bereits fertiggestellte Fokker Е. П erst sehr spat ausgeliefert werden konnten. Bestandteil der Anderungen war auch die Reduzierung der Spannweite der E. I. Hiermit wollte man die Geschwindigkeit erhohen und das Gewicht senken. Schon bei den ersten Probefliigen stellte sich heraus, dafi dieser Versuch nicht den gewiinschten Effekt brachte und so wurde die Spannweite wieder verlangert. Auf Grand dieser Verlangerang erhielt die E. II die geanderte Militarbezeichnung E. III und wurde somit zu einem der beriihmtesten Jagdflugzeuge des ersten Weltkriegs ).
Im August 1915 erreichten die ersten Serienmaschinen vom Тур Fokker E. III die Westfront. Auch vom Standpunkt des Geschaftsmannes aus betrachtet hatte Fokker mit ihr einen grofien Wurf gelandet und durfte sich liber Auftrage freuen deren Grofienordnung er sich nie ertraumt hatte. Leider war die Menge der produzierbaren Flugzeuge abhangig von der Menge der Umlaufmotore die durch die Oberurseler Motorenfabrik AG fertiggestellt werden konnten. Man muB im Auge behalten, dafi Oberarsel damals der einzige Lieferant fur brauchbare Umlaufmotore in ganz Deutschland gewesen ist.
Die Entwicklung neuer Flugzeuge in den Fokker-Werken ging weiter und so stattete man dort einen E. III mit dem neuen Oberarsel и. Ш aus. Bei diesem Triebwerk handelte es sich um einen 14-Zylinder doppelreihigen Umlaufmotor, der imstande war 160 PS Leistung zu erbringen 2). Um den Motor aufnehmen zu konnen mufiten einige kleine Veranderangen im vorderen Rumpfteil durchgefiihrt werden. Die Idee zum Einbau dieses Triebwerks stammte iibrigens von Leutnant Osswald Bolcke und wurde von Leutnant Max Immelmann unterstiitzt. Intern wurde das neue Flugzeug dann als Fokker M.15 gefiihrt. Militardokumente sprechenvon ihr als Fokker E. IV.
Die Kampfleistungen dieser neuen Maschine waren aber nicht annahernd so gut wie die der E. III. Ein Grand hierfiir lag mit Sicherheit auch in dem sehr groBen Gewicht des doppelreihigen Umlaufmotors und seiner Schwungmasse.
Bereits in der Mine des Jahres 1916 zeichnete sich ab, dafi die E. III lhre Uberlegenheit im Luftkampf langst verloren hatte und bestenfalls noch mit unseren Gegnern und deren Flugzeugen gleichziehen konnte. Zu Beginn ihrer Ara wurde den Piloten befohlen es tunlichst zu vermeiden die Front zu iiberfliegen, um der Gefahr vorzubeugen, dafi eines der Flugzeuge mit der neuen Stangensteuerang in die Hande des Feindes fallen wiirde. Aber es ist dennoch geschehen und so kamen die Bnten sowie die Franzosen natiirlich schnell hinter das Geheimnis der neuen Bewaffnung. Von diesem Moment an war es nur noch eine Frage der Zeit bis die alliierten ein Gegenstlick entwickeln und in ihren Flugzeugen einsetzen konnten).
Die deutsche Heeresfiihrung wog sich wohl mit der E. III und ihrem Vorsprung etwas zu sicher als dafi sie mit dem notigen Nachdrack die Weiterentwicklung neuer Flugzeuge gefordert hatte. Sicher, Fokker arbeitete weiter und entwarf die E. IV, aber es gab ja auch noch andere Flugzeughersteller, die ebenfalls in dieser Richtung hatten arbeiten miissen es aber zu diesem Zeitpunkt nicht oder nur unzulanglich taten.
‘) Fokker Tvpenliste. Dieser Liste mit den techmschen Daten von alien bis zum Jahre 1918 entworfenen Prototypen in Verbindung mit dem sogenannten "Fokker Geburtstagsalbum" entstammen im iibrigen auch alle weiteren techmschen Angaben zu Flugzeugen, die hier behandelt werden. Das Geburtstagsalbum ist eine Zusammenstellung von Fotografien aller Flugzeuge, die bis zum Jahre 1918 bei Fokker gebaut wurden. Dieses Album wurde Anthony Fokker anlasslich seines 28. Geburtstages am 6-April 1918 durch Mitarbeiter der Firma iiberreicht und besitzt zusatzlich zu den Fotografien auch kurze Beschreibungen der Flugzeuge und einige Daten.
Fokker: Derfie%endeHollander, S.179, 1933.
In gewisser Hinsicht hat aber auch Anthony Fokker selbst seinen Konkurrenten die Moglichkeit verwehrt entsprechende Flugzeuge zu bauen. Letztendlich war es ja er, der mit der alleinigen Produktion seiner Stangensteuerung bis zum Jahre 1916 gewissermafien eine Monopolstellung innehielt. Jeder andere deutsche Flugzeughersteller war zunachst auf die Lieferung dieses Bauelements aus der Fokker Flugzeug-Waffen-Fabrik1) angewiesen. Jedes von Fokker rmt seiner Stangensteuerung ausgestattete Flugzeug wurde natiirlich auch vom Militar abgenommen, wahrend die Flugzeuge der Konkurrenz eben erst in zweiter Linie von Fokker beliefert wurden. Es ist schon richtig, daft Fokker von offizieller Seite aus gezwungen war seine Stangensteuerung an die Konkurrenz zu verkaufen, aber die Geschwindigkeit der Produktion lag allein in seinen Handen. Der Grammophonhersteller Plethge bemtihte sich Fokkers Monopolstellung in der Produktion zu brechen, konnte aber keinen besonderen Erfolg hierbei vorweisen. Flethge belieferte nach 1916 die Firma Albatros mit Nachbauten der, in den Fokker Werken neu entwickelten ersten Fokker-Zentral-M. G.-Steuerung2).
Die gute Auftragslage, die Fokker dank der Entwicklung der Е. Ш, hatte trug dazu bei, daft er seine Werkstatten weiter vergroftern konnte. Mittlerweile beschaftigte er ca. 420 Arbeiter. Bis zum Ende des Jahres 1915 konnte Fokker auf die schon stolze Zahl von etwa 230 in seinem Werk gebauten Flugzeugen zuriickblicken. Und die Produktion lief weiter auf Hochtouren. Zwischen September 1915 und August 1916 wurden von Fokker allein 260 Maschinen des Typs E. III fertiggestellt.