Die Jagdflugzeugreihe Dr. I, D. VI, D. VII und die Eindecker der Jahre 1917/18
Zu Beginn der Schlacht von Arras am 9.April 1917 standen den deutschen Truppen 365 feindliche Flugzeuge gegeniiber von denen immerhin noch 120 Jagdmaschmen waren. Im Gegensatz hierzu befanden sich auf deutscher Seite gerade mal 195 Flugzeuge im Ganzen und davon noch 100 Jagdflugzeuge im Einsatz. Fokker – Typen waren zu diesem Zeitpunkt kaum noch darunter1).
Bereits im Februar 1917 griff in die Kampfhandlungen zum ersten mal ein aufiergewohnlicb. es kleines und wendiges britisches Jagdflugzeug ein. Es handelte sich hierbei um das von der britischen Firma Sopwith on Thames entworfene Projekt LclTTr, das unter dem Pseudonym Sopwith Triplane beriihmt wurde. Dieser Dreidecker zeichnete sich durch aufierordentlich gute Flugleistungen aus. Er war in der Lage jedem deutschen Kampfflugzeug auf den "Hut” zu steigen und es durch seine Wendigkeit auszumanovrieren. Auch in seiner Geschwindigkeit war er den deutschen Flugzeugen tiberlegen).
Manfred von Richthofen wurde am 20.April 1917 mit seiner Albatros D. IH in einen Luftkampf mit der neuen Sopwith verwickelt und konnte nur zuschauen wie der britische Pilot mit ihm gespielt hat. Nach diesem Erlebnis beinhaltete sein Bericht die dringende Forderung nach einem wenigstens ebenbiirtigem Jagdflugzeug, mit dem die Jagdstaffeln umgehend ausgeriistet werden mufiten, wenn die Lufriiberlegenheit nicht wieder verloren gehen sollte.
Anthony Fokker fuhr in regelmafiigen Abstanden an die Front, um dort neue Erfahrungen zu sammeln, die er in die Entwicklung neuer Typen einfliefien lassen konnte. Er unterhielt sich dabei auch gerne mit den Piloten und ging auf ihre individuellen Wiinsche naher ein.
Als er im April 1917 wieder einmal die Jasta 11 besuchte, wurde er von Manfred von Richthofen darauf angesprochen, ob er nicht in der Lage sei, auf dem schnellsten Weg ein Flugzeug zu entwerfen, welches es mit der neuen "Sopwith-Plage" aufnehmen konnte. Er bekam auch die Gelegenheit erne erbeutete Maschine dieses Typs zu begutachten bevor sie nach Adlershof verfrachtet wurde. Dariiber hinaus wurde er vom Geschwaderkommandeur Richthofen dazu eingeladen die Flugeigenschaften der Sopwith Triplane einmal von einem vorgeschobenen Beobachtungsposten aus zu verfolgen [26] [27] [28]). Er wufite, daft die Forderung nach einem Flugzeug, welches es mit der neuen Sopwith aufnehmen mufite bald offiziell werden wurde. Der Vorsprung, den ihm die Worte Richthofens vor seinen konkurenten gewahrten mufite genutzt werden und durfte nicht an ihm voriiber streichen").
Tatsachlich vergab die Idflieg bereits kurze Zeit darauf, zu Beginn des Monats Juni Probeauftrage fur die 3 Dreidecker-Prototypen zur Fronterprobung und Typenpriifung an die Siemens-Schuckert-Werke und an die Pfalz-Flugzeugwerke in Speyer1).
Ob die Ingenieure des Entwicklungsbtiros bei Fokker die Moglichkeit hatten sich einen Dreidecker der Firma Sopwith anzusehen oder nicht, kann nicht gesagt werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dab die Entwicklung dieses Typs ohne Einfliisse von auben vor sich ging. Auch die, in vielen Artikeln vertretene Ansicht, der Fokker Dr. I sei eine einfache Kopie des Sopwith Triplane konnen wir nicht teilen. Ein Vergleich beider Maschinen im Detail, zeigt deutlich auf, dab sie auber den drei Flachen wenig gemeinsam haben.
Am 2.Mai 1917 begann das Entwicklungsbiiro der Fokker Flugzeugwerke G. m.b. H. mit der Ausarbeitung der Entwiirfe fiir einen neuen Doppeldecker der urspriinglich fur die Fliegertruppe Osterreich-Ungarns vorgesehen war. Dieser erhielt – zur Steigerung samtlicher Verwirrungen – ebenfalls die Bezeichnung Fok. D.VI. Diese Maschine wurde noch in der Phase des Baus zum Dreidecker modifiziert ‘). Das Resultat war ein recht hiibscher kleiner Dreidecker der von einem 9-Zylinder Umlaufmotor angetrieben wurde. Seine Fokker – Typenbezeichnung lautete V.4. Einige Veroffentlichungen sprechen hierbei auch von V.3 was aber, wie wir oben bereits geklart haben, falsch sein diirfte. Nach einigen Anderungen wurden von der Idflieg drei Flugzeuge des Typs zur Erprobung geordertDer erste war Fok. F.I lOl/j^. Er wurde am 7.August 1917 nach Adlershof gebracht, um die Typenpriifung zu absolvieren. Sie bestand fast alle Versuche mit wehenden Fahnen und war somit eines der ersten Fokker Flugzeuge, die nach lhrer Bruchprobe keine groben Modifikationen mehr durchlaufen mubten.
Noch im August erreichten die beiden anderen Flugzeuge F. I 102/yj und F. I 103/yj das neue Jagdgeschwader I und wurden don im Kampfeinsatz erprobt. Und speziell Manfred von Richthofen verlangte eine sofortige Neuausnistung des Jagdgeschwaders mit diesem extrem wendigen und steigfahigen Fokker-Dreidecker. Sein grofier Nachteil, die niedrige Geschwindigkeit war vorerst von untergeordneter Bedeutung.
Fokker baute auch hier noch Varianten mit Reihenmotoren aber sie stellten sich allesamt als zu schwer heraus. Verschiedene Experimente mit starkeren Umlaufmotoren wurden ebenfalls durchgefiihn, aber keiner dieser Prototypen ging in Serie. Der neue Fokker-Dreidecker wurde dann auch bald in die neu eingefiihne Flugzeugklasse "Dr." aufgenommen und erhielt die Militarbezeichnung Fok. Dr. I.
Im ganzen wurden nur 320 Maschinen dieses Typs an das Heer geliefen.
Zunachst sah sich Fokker schon wieder auf bltihenden Feldern stehen, bis ein herber Riickschlag ihn traf. Nachdem die Maschinen von Leutnant Heinrich Gontermann und Leutnant Gunther Pastor unter nahezu den selben Einflussen in der Luft abmontierten, was in beiden Fallen zum Tode der Piloten ftihrte, bekam der Dreidecker ein Startverbot auferlegt und eine Untersuchungskommission wurde mit der Klarung der Unfallursache beauftragt. Die Ergebnisse waren schockierend. Der Grund fiir die Unfalle lag in extrem schlampiger Verarbeitung und ungeniigender Schiitzung der Tragflachenkonstruktion gegen das Eindringen von Feuchtigkeit. Beides in Verbindung ftihrte dazu, dab auf Grund der groben Ausgleichsflachen der *) Grosz-. The Fokker Dr. I – A Reappraisal, Air Enthusiast No.8, Oktober 1979, Inv. Nr.7, Akte V.5-2. Imrie: The Fokker Triplane, S.29, 1992.
!) Militiirgeschichtliches Forschungsamt: Die Mihtarluftfahrt his zum Beginn des Wcltkrieges 1914, 1966. Bereits nach den ersten Belastungsreihen im Jahre 1913 wurde es zur normalen Vorgehensweise der Heeresverwaltung je drei Exemplare ernes neuen Types zu erproben, bevor grobere Auftrage vergeben wurden. Von diesen drei Flugzeugen soilten je zwei im direkten Einsatz bei Fliegerabteilungen erprobt werden, wiihrend die dritte Maschine einem eingehenden Belastungsversuch unterzogen wurde, bei dem sie vorgeschriebene Festigkeitswerte zu erreichen hatte. Anschliebend wurde das Flugzeug bis zum Zusammenbruch belastet, um hieraus die Sicherheit der Maschine berechnen zu konnen. Die meisten Flugzeughersteller mubten diese drei ersten Flugzeuge zumeist selbst finanzieren, bekamen aber bei emer eventuellen Abnahme des Typs auch diese bezahlt. Es kam aber auch vor, dab die Heeresverwaltung sogenannte Probeauftrage vergab, bei denen sie den Bau der drei ersten Flugzeuge bezahlte, auch wenn es sich anschliebend herausstellte, dab die betreffende Maschine nicht tauglich war.
Querruder, immens hohe Krafte auf deren Befestigungspunkte einwirkten. Die geleimten Verbindungen losten sich und dadurch verabschiedeten sich auch die Querruder. Die Steuerseile rissen dabei die inneren Rippen des Oberfliigels ab was zum Absturz fiihrte ).
Infolge der Untersuchung wurden einige Punkte der Konstruktion bemangelt und sollten verbessert werden.
Fokker wurde gezwungen auf seme Kosten die neue Tragflache zu entwerfen und alle bisher ausgelieferren Dreidecker und die, welche noch offen standen damit auszustatten. Am 28.November 1917 erhielt Fokker die Nachricht, daft alle Versuche mit der neuen Flache zufriedenstellend verlaufen sind und, daft von nun ab alle neu ausgenisteten Dreidecker wieder an die Front durften’).
Diese Geschichte warf Fokker wieder zuriick auf den Boden der Realitat. Nicht nur, daft durch diesen Zwischenfall groftere Auftrage fiber seinen Dreidecker verhindert wurden, sondern nun muftte er auch noch seine Gewinne, die er bei diesem Geschaft machen konnte in die verstarkte Ausfiihrung der Tragflachen stecken und diese auch noch auf eigene Kosten an den bereits ausgelieferren Flugzeugen des Typs austauschen.
Platte er von Anfang an etwas mehr auf die Produktionsqualitaten in seinem Werk geachtet, so hatte dies nicht passieren brauchen. Teile der Fokker-Fliigel wurden auch in den beiden schon erwahnten Pianofirmen hergestellt. Es war den Arbeitern dort nicht klar, daft Flugzeugeinzelteile in ihren Abmessungen so konstruiert wurden, daft die jeweilige Starke der Holzteile genau die bendtigte Festigkeit ergab. Aus Griinden der Gewichtersparnis wurden Teile nicht starker gemacht als sie sein muftten und weniger Material wiirde die Stabilitat schwachen. Den Holzarbeitern der Piano-Werke war das nicht bewuftt und so storte es niemand wenn zum Beispiel spater beim Fokker E. V die Holmgurte irgendwo zu diinn gehobelt wurden. Daft durch ein derartiges Vorgehen vielleicht brauchbare Pianos, aber keinesfalls sichere Flugzeugkomponenten geferagt werden konnten, mufite erst einigen Piloten das Leben kosten, bevor etwas dagegen getan wurde.
Und einmal mehr waren es die Verzogerungen in der Produktion und Auslieferung, die dazubeitrugen, daft der Dr. I, wie viele seiner Vorganger, zu spat in der benotigten Stiickzahl die Front erreichte und somn nicht effektiv dazu beitragen konnte die Luftherrschaft wieder zuriick zu gewmnen.
Dennoch war der Dreidecker von entwicklungstechnischer Seite aus betrachtet ein Erfolg und Fokker kam der grandiose Einfall, einen Fiinfdecker zu bauen, um dessen Leistungen zu erproben. Denn, wenn drei Fliigel gut waren, dann konnten mehr nur von Vorteil sein. Und so entwarfen man den Prototyp der V. S. Hierbei verwendete man einen normalen V.6 Rumpf und riistete ihn unmittelbar am Bug mit drei herkommlichen V. S Flachen aus. In der Rumpfmitte fiigten man ebenfalls herkommliche Mittel- und Unterfltigel des V. S an. Auf diese Weise bekam das Flugzeug eine Tandem-Anordnung mit drei Flachen vorne, zwei in der Mitte. Angetrieben wurde es durch einen 160 PS Mercedes Motor. In einem Brief an F. W.Seekatz erwahnte Fokker diesen 2 + 3-Decker als Versuch um die Eigenschaften eines Tandem-Fluggerates zu erproben. Schon nach dem ersten Probe-Hiipfer forderte Fokker einige Modifikationen, die aber auch nicht in der Lage waren die Eigenschaften zu verbessern, und so wurde das Projekt bei Seite gelegt und nicht welter verfolgt.
Natiirlich ging auch die Entwicklung neuer Typen bei Fokker in Schwerin weiter und so entstand die Fokker V.9. Sie war ein kleiner Doppeldecker dessen Rumpfaufbau der V.4 entsprach. Der Doppeldecker war auch eine Weiterentwicklung der V.4. Dieses Flugzeug nahm in modifizierter Form an dem ersten Vergleichsfliegen in Adlershof teil und ging nach zahlreichen Verbesserungen unter der Bezeichnung Fok. D. VI in Serie. Parallel zu ihr arbeitete die Entwicklungsabteilung an einer mit einem Reihenmotor ausgeriisteten Version, der V. ll. Sie enthielt einige Anderungen gegeniiber der V.9 und war geringfiigig grofter.
Am 21 .Januar 1918 begannen die Ausscheidungen des ersten groften Vergleichsfliegens. Fokker war bis dahin in der Lage folgende Typen mit in den Wettbewerb einzubringen. V.9, V. ll, V.13/I und II, V.17 und V.18. Im laufe der Ausscheidungen wurde noch seine V.20 eingebracht. [29] [30]
Der Sinn dieses ersten Vergleichsfliegens lag darin, durch laufende Vergleiche der neuesten Flugzeugtypen, den stets leistungsfahigsten Prototypen herauszufikern. Die Flugzeuge wurden zunachst von Werkspiloten vorgeflogen und danach von Frontfliegern geerprobt. Ihre Beurteilung der jeweiligen Maschine bildete eine der wichtigsten Grundlagen fiir die spatere Vergabe von Serienauftragen.
Das Vergleichsfliegen fand auf dem Fluggeliinde von Berlin-Adlershof, dem damaligen deutschen Flugzeug- Versuchszentrum, statt. Das Flugplatzgelande wurde von der Idflieg in verschiedene Parzellen eingeteilt und jede teilnehmende Firma bekam einen "Stand" zugewiesen. Nachdem die Maschinen montiert worden waren, wurde festgelegt wann welche Firma zur Feststellung des Leergewichtes ihrer Flugzeuge dran war. Mit der Feststellung des Leergewichtes der Flugzeuge, wurde gleichzeitig unter Aufsicht von Offizieren die jeweilige kriegsmafiige Ausriistung vorgenommen. Danach wurde eine technische Beurteilung der Flugzeuge durchgefiihrt. An dieser Beurteilung konnten Firmenvertreter teilnehmen, um darzulegen welchem Zweck der vorgestellte Prototvp dienen sollte.
Die Wartung der gemeldeten Flugzeuge sowie deren Montage lag in der Zustandigkeit der Firmen. Das Herausschieben der Flugzeuge auf das Startfeld wurde, genau wie die Betankung, von der Flugzeugmeisterei Adlershof durchgefiihrt. Der Kraftstoff fiir die Fliige wurde ebenfalls von Adlershof bereitgestellt.
Der Hauptschwerpunkt der eigentlichen Erprobung lag auf den Hbhenleistungen der Maschinen. Nachdem deren Leergewicht genauestens festgestellt wurde, wurden die Maschinen mit Barographen, einige von ihnen auch mit Sauerstoffgeriiten, ausgeriistet und fiir den Nachweis der Steigfahigkeit, unter Fiihrung von Werkspiloten, zum Start vorbereitet. Unmittelbar vor dem Start wurde noch einmal die Differenz zwischen Leer – und Abfluggewicht ausgewogen. Noch einmal gewogen wurden die Maschinen nach der Riickkehr von jedem Hohenflug, um den Spritverbrauch zu messen. Jede Firma konnte jeden Prototyp viermal zum Hohenflug starten lassen. Dabei zeichneten die Barographen genau die erreichte Hohe auf. Von diesen vier Ergebnissen wurden die zwei besten aufgezeichnet. Wenn es einer Firma aufgrund technischer Probleme nicht gelang innerhalb einer angemessenen Zeit den nachsten Hohenflug durchzufiihren, schied die betreffende Maschine automatisch aus dem Wettbewerb aus.
Nach dem Abschlufi der Hohenfliige mufiten die Flugzeuge von den Firmen fiir das Nachfliegen durch die Frontflieger startklar gemacht werden. Es wurde genau darauf geachtet, daft die Flugzeuge fiir die Fliige der Frontpiloten auch mit den gleichen Luftschrauben ausgestattet wurden, wie sie fiir die Hohenfliige verwendet wurden. Fiir den Zeitraum, in dem die Frontpiloten ihre Versuchsreihen durchfiihrten, bekamen Firmenvertreter und Werkspiloten keinen Zutritt zum Flugfeld, um jegliche Beeinflussungen der Piloten durch Firmengeschenke oder ahnliches zu vermeiden. Entsprach ein Flugzeugtyp nicht den geltenden "Bau – und Liefer-Vorschriften fiir Heeresflugzeuge", so durfte es von Frontfliegern iiberhaupt nicht geflogen werden. In der Luft untersuchten sie die Maschinen auf Steigleistung, Wendigkeit, Geschwindigkeit und ihre Eignung fiir den vorgesehenen Zweck. Sofort nach der Landung mufken Beurteilungen schriftlich abgefaftt werden. Dies war notig, um den noch frischen Eindruck des Fliegers zu bekommen).
Am 23.Januar 1918 versuchte Fokker seine V. ll und stellte ihre ausgezeichnete Geschwindigkeit und Wendigkeit fest, merkte aber, daft das Flugzeug extrem schwer zu fliegen sei. Weit verbreitet ist die Ansicht Anthony Fokker habe daraufhin das Flugzeug am darauffolgenden Wochenende mit in seine Werkstatt nach Johanmsthal genommen und dort mit der Hilfe einiger Facharbeiter, die er extra aus Schwerin kommen liefi, die notigen Modifikationen zur Verbesserung der Flugeigenschaften durchgefiihrt. An diesem Wochenende soli im Prinzip ein neues Flugzeug gebaut worden sein, denn die Modifikationen waren extrem umfangreich. So wurde zum Beispiel der Rumpf des Flugzeugs um ca. 40cm verlangert. In Verbindung damit wurde die obere Tragflache zuriickverlegt. Da hierdurch die Sicht des Piloten behindert wurde, war es notig einen kleinen Ausschnitt in den Oberfliigel oberhalb des Cockpits zu machen. Des weiteren wurde das Komma-Seitenruder gegen eines mit Riickenflosse ausgetauscht. In wiefern diese Behauptungen bis in die Details richtig sind entzieht sich unserer Kenntnis. Sicher ist jedenfalls das Modifikationen vorgenommen wurden. Zeitlich wiirden die ganzen Anderungen jedoch durchaus machbar gewesen sein. Am Ende aller Abanderungen stand ein Flugzeug, welches der Urtyp eines der beriihmtesten Jagdflugzeuge des ersten Weltkriegs und der Gegenstand, zahlreicher Veroffentlichungen werden sollte 2), der FOKKER D. VII. Im Gegensatz zur ersten Ausfiihrung der V. ll wurde diese Maschine in dem, bei verschiedenen Typen standardisierten Schlieren – Tarnanstrich versehen.
‘) Wagner: Wcttkampf der Prototypen, sehr detailierte und recht gute Darstellung der Vergleichsfliegen in Adlershof in einem mehrteiligen Artikel, welcher in den 70er Jahren von der 2.ehschnhAEROKURIER abgedruckt wurde.
‘ Fokker: Der Fliegende Hollander, S.215-222, 1933.
Alle Veranderungen an der V. ll, die liber das Wochenende gemacht wurden sollen von Fokker nach auEen hin geheim gehalten worden sein. Dies erscheint plausibel, da er davon ausgehen konnte, daE ein Flugzeug, welches in einem solchen Umfang wahrend der laufenden Ausscheidungen umgebaut wurde schon aus Sicherheitsgriinden nicht fiir die weitere Teilnahme zugelassen werden wiirde. Als Grund fur die Arbeiten an der Maschine schob er kleinere Reparaturarbeiten vor, die wahrend der Wettbewerbe angefallen seien. Fiir eine Arbeit im Geheimen waren seine ersten Hallen in Johannisthal wie geschaffen und niemand ahnte etwas von dem, was in den Fokker-Werkstatten vor sich ging.
An dem darauffolgenden Tag flog Fokker das Flugzeug nocheinmal. Er war beeindruckt von den auf einmal so hervorragenden Flugeigenschaften. Die Maschine lag ruhig in der Luft und war extrem schnell und wendig. Kurz, sie war sicher. Und Fokker war sich sicher, daE er mit dieser V. ll den Prototyp eines hervorragenden Flugzeugs geschaffen hatte, das gute Chancen auf den Sieg in diesem Wettbewerb besaE.
Die bereits oben erwahnte V.13 war eine Variante der V.9 und nahm in zwei Versionen an der Ausscheidung teil. Zum einen gab es die V.13/I. Sie war mit einem 110 PS Oberursel 9-Zylinder Umlaufmotor ausgeriistet und zum zweiten gab es die V.13/II mit dem 160 PS Siemens-Halske SFLIH. Die V.13/I hatte hervorragende Steigzeiten und eine wesentlich hohere Dienstgipfelhohe als die V. 13/11. Aufgrund ihres Triebwerks und der damit verbundenen Probleme blieb die V.13/II im Versuchsstadium wahrend die V.13/I die direkt aus der V.9 hervorging in einer kleinen Stiickzahl als Fok. D.VI in Serie ging.
Noch gegen Ende des Jahres 1917 wurde ein Flugzeug entworfen, das dem Ideal entsprach – die V.17. Sie war ein Eindecker mit freitragender, sperrholzbeplankter Tragflache und wurde von einem 110 PS Oberursel Ur. II angetrieben. Auch sie wurde von Fokker nach Adlershof mitgebracht und dort vorgeflogen. Am 27.Januar 1918 fiihrte Fokker dieses neue Flugzeug vor und brachte hervorragende und beeindruckende Flugmanover in geringer Hohe zustande. Auch alle anwesenden Piloten und Werksangehorigen waren begeistert von ihr. Als groEer Nachteil der Maschine stellte sich heraus, daE ihre Steigzeiten weit schlechter waren als die der V. ll und der Konkurrenzflugzeuge. Trotz der geringen Steigfahigkeit der V.17 wurde sie von Fokker gern geflogen. Nachdem die Steigzeit von 19 Minuten auf 5.000m festgestellt war, rief Fokker in Schwerin an und sagte, dafi innerhalb der nachsten Tage die V.17 so zu verbessern sei, daE ihre Leistungen entsprechend brauchbar sein wurden. Moglicherweise durch die Verwendung ernes Reihenmotors. Das Ergebnis, die V.20, stand eine Woche sparer fertig in Adlershof. Welche enorme Arbeit mit dem Entwurf dieser Maschine geleistet wurde mochten wir an dieser Stelle kurz umzeichnen.
Tatsachlich leistete das Entwicklungsbiiro innerhalb der nachsten sechs Tage eine Arbeit, von der in der Geschichte der Luftfahrt nur selten ahnliches Berichtet wird. Man muEte die gesamte Struktur der V.17 fiir den wesentlich schwereren Mercedes D. III Motor von 160 PS total neu auslegen. Es war nicht mit dem Auswechseln der Aufhangung getan. Nachdem Fokker in der Nacht von Samstag auf Sonntag in Schwerin angerufen hatte begann die Entwicklung mit dem Erstellen der Skizzen sofort am Sonntag. Am Montag darauf begannen schon die Arbeiten am Flugzeug selbst. Die Rippen wurden ausgelegt, ausgeschnitten und mit ihren Flanschen versehen. Die Holme wurden dimensioniert, deren Gurte geleimt und anschlieSend zusammengebaut. Im laufe der Woche wurden mehr und mehr Arbeiter aus den Produktionshallen ins Entwicklungsbiiro gebracht, um die Fertigstellung des neuen Prototypen zu beschleunigen. Die Hellinge fiir den Rumpf wurden festgelegt und dieser vorbereitet. Die Stahlrohre wurden abgeliingt,, angepaEt und zum Rumpf verschweiEt. Die Tragflache wurde mit Sperrholz beplankt und der Rumpf mit Leinen bespannt Alles innerhalb einer einzigen Woche. Sogar Probefliige in Schwerin wurden noch gemacht bevor das Flugzeug auf die Reise nach Adlershof geschickt wurde. Am Nachmittag des darauffolgenden Samstag stand der neue Prototyp auf dem Gelande in Schwerin und wurde von Offizieren und Mechanikern bestaunt1).
Innerhalb von sechs Tagen wurde ein neues Flugzeug entworfen und gebaut. Dies war eindeutig eine Hochstleistung der Entwicklungsmannschaft die alle Anerkennung verdient. Dennoch, die V.20 brachte nicht das, was Fokker sich erhofft hatte und durchlief auch nicht den Typenpriifung.
*) \7eyl: Fokkcr/Thc Creative Years, S.216, 1965. Den Wahrheitsgehalt dieser Darstellung zu beurteilen, bleibt wohl jedem Forscber selbst uberlassen. Wir sehen aber kern Grund die Geschwindigkeit des Baus der Maschine ernsthaft anzuzweifeln, da es technisch einwandfrei machbar ist, zumal man auch bedenken muB, daB Kleinteile, wie Steuersiiule, Sitz etc. etc., die den ProdukuonsprozeB wirklich aufhalten konnen, mit Sichheit aus anderen Senenproduktionen vorhanden waren und nicht extra in der Prototypenwerkstatte angefertigt werden muBten.
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Reihenmotor angetriebenen und zum anderen fair einen, durch einen Umlaufmotor angetriebenen Jager. Die Frontflieger lieften erkennen, daft es die beste Wahl sein wiirde die Fokker V. ll zum einen und die Fok. V.13 zum anderen zu wahlen. Die Idflieg pflichtete dem bei.
Die Lieferung der neuen Flugzeuge hatte moglichst bald zu erfolgen, und es sollte nicht das Gleiche wie bei friiheren Fokker-Typen passieren. Namlich, daft die Lieferung so lange verzogert wird, bis das Flugzeug liingst iiberholt ist. Es muftte unbedingt sicher gestellt werden, daft die Produktion im gewunschten Umfang erfolgen konnte.
Der Idflieg war aus den bisherigen Erfahrungen, die sie mit der Fokker Flugzeugwerke G. m.b. FL gemacht hatte, klar, daft Fokker allein nicht in der Lage sein wiirde die hohen Stiickzahlen auszustoften. Eine Losung mufite her. Und das schnell.
Als die Idflieg an Fokker herantrat und fragte, wie schnell er die Produktion aufnehmen konne, bekam sie zur Antwort, daft er iiberhaupt nichts versprechen konne, und noch immer die Vertrage iiber die Lizenzfertigung der AEG-Flugzeuge zu besvaltigen hatte. Da die Dringlichkeit, den neuen Typen so schnell wie moglich an die Front zu bringen, absoluten Vorrang vor allem anderen hatte, wurden diese Vertrage bereits zuvor von der Idflieg annulliert und Fokker nun davon in Kenntnis gesetzt. Der Produktion der V. ll in Schwerin stand also von nun an nichts mehr im Wege. Fokkers Fertigungsstrafien waren nicht in der Lage die notige Stiickzahl zu produzieren und so wurden des weiteren Firmen gesucht, die in der Lage waren, die Fokker D. VII, wie die V. ll nun in Serie hieft, unter Lizenz auch in groften Stiickzahlen zu Bauen. Hierftir boten sich die Albatros Werke in Johannisthal und die Ostdeutschen Albatros Werke in Schneidemiihl an. Beide Firmen hatten im Augenblick ohnehm keine wichtigen anderen Auftriige. Die Fokker Flugzeugwerke G. m.b. FL in Schwerin/Mecklenburg erhielt von der Stelle weg einen Erstauftrag iiber 300 ‘) Fokker D. VII. Zunachst wurden noch einige kleine Anderungen an der Maschine vorgenommen und dann wurde ihr Typenpriifung durchgefiihrt. Sofort danach lief die Produktion an.
Die Fokker D. VI durchlief die Typenpriifung am lS. Marz 1918, also noch vor der D. VII. Auf Grund ihrer Leistungen eignete sie sich nicht fur den Einsatz an der Front und so wurde nur eine sehr kleine Stiickzahl abgenommen. Im Ganzen verlieften nur etwa 60 Maschmen die Fokker Flugzeugwerke G. m.b. FL und gingen alle entweder an Kampfeinsitzerstaffeln oder Ausbildungseinheiten. Sechs Exemplare sollen auch an Osterreich-Ungarn geliefert worden sein. Ab Juni 1918 wurden keine Maschinen des Typs D. VI mehr von Fokker produziert.
Die Fokker D. VII hingegen gelangte zu legendarem Ruf in der Luftfahrtgeschichte und ist bis heute ein Begriff. Das Flugzeug wurde bis Kriegsende im Jahr 1919 gebaut und auch in zahlreichen Versionen geflogen. Auch noch wiihrend dem Krieg fiihrte die weitere Entwicklungsarbeit bei Fokker zu zahlreichen Varianten der Maschine.
Durch den Bau der V.21 versuchte man bei Fokker die Leistungsfahigkeit des D. VII weiter zu steigern. Sie wurde mit dem neuen hochverdichtenden Mercedes D. IIIaii Triebwerk von 160 PS Leistung ausgestattet und kletterte damit in nur 15 Minuten auf eine Hohe von 5.000m. Dies stellte eine enorme Leistung in diesenTagen dar. Weitere Experimente fiihrten zur V.22, die mit einer V-Stellung des Oberfliigels ab der Anschluftpunkte der Spanntiirme und einer besonderen Luftschraube versehen wurde. Dieser vierblattrig ausgebildete Propeller nach besaft Blatter, die im 120° bzw. im 60° Winkel zueinander angebracht waren. Fur diese Konstruktion von Luftschrauben erhielt der Mechaniker Ladislaus Tomana am 17.Marz 1915 ein Patent[31] [32]). Das Triebwerk der V.22 war ein 200 PS Austro-Daimler. Ihre Steigzeiten lagen schlechter als bei der V.21. Einige der Modifikationen die zur V.21 fiihrten wurden in der Serien D. VII iibernommen.
In Adlershof wurde im Auftrag der Idflieg an der Verbesserung der D. VTI herumexperimentiert. Verschiedene Modifikationen wurden durchgefiihrt, sieben an der Zahl. Die einzelnen Experimente wurden mit 1D7 – 7D7 durchnummeriert. Keine der Versuchsmaschinen brachte besondere Leistungen hervor, die in Serienmaschinen eingeflossen waren. All diese Experimente geschahen ohne, daE Fokker oder seine Ingenieure etwas davon wufiten1).
Eine weitere Versuchsanordnung des Flugzeuges wurde in Ungarn durch die M. A.G. vorgenommen. Sie statteten einen Fokker D. VII mit dem 210 PS starken Austro Daimler Motor aus. Urspriinglich war das Flugzeug in dieser Konfiguration fur die Fliegertruppe Osterreich-Ungarns vorgesehen. Tatsachlich wurde aber kein Fokker D. VII wahrend des Krieges in die Dienste der Osterreich-Ungarischen Monarchic gestellt. Erst am l. Februar 1919 erreichten die ersten 9 Fokker D. VII das Ungarische Flugzeugarsenal des seit dem 16.11.1918 zur Republik ausgerufenen Ungarn in Cinkota. Am 12 Marz 1919 erfolgte eine weitere Lieferung von 6 Flugzeugen. Diese gingen an die erste Fliegergruppe in Matasfold.