Die Scbweriner Werke nach dem Krieg

Dieses Vorgehen von Fokker bedeutete aber nicht gleichzeitig das Ende der Fokker Flugzeugwerke G. m.b. H. in Schwerin/Mecklenburg. Nachdem die wichtigsten Dinge aus Sclrwerin herausgeracht waren und die Alliierten nur noch die wenigen vorhandenen Flugzeuge und iibrigen Gegenstande zertriimmern konnten, wurde die Firmierung auf Fokker-Werke G. m.b. H., die allgemeiner gehaltene Produktpalette anzeigend, mit welcher der Betrieb weiter aufrecht erhalten werden sollte, geandert. Man begann mit einer Restrukturisierung des Unternehmens und fertigte von nun an alle moglichen Dinge, die im Nachkriegsdeutschland benotigt wurden und halbwegs Gewinn versprachen. Fokker versammelte dreiftig seiner besten Flugzeughandwerker und hielt mit ihnen eine kleine Flugzeugwerkstatt im Betrieb, in welcher er weiter Flugzeuge entwerfen und bauen heft. Zu dieser Zeit konnte niemand genau sagen was die Zukunft fur Deutschland bringen wiirde und von einem Verbot der Flugzeugproduktion, wie es das Diktat von Versailles letztenendes forderte sprach noch niemand. Man hoffte bald neue Typen verkaufen zu konnen.

Daft es Reinhold Platz war, der die Leitung der Firma iibernahm, wie es haufig zu lesen ist, ist auszuschlieften. Er war lediglich Schweifter und das ein guter obendrein, aber es ist zweifelhaft ob er die Fahigkeit besaft einen Betrieb komplett zu leiten. Ein Schreiben der Fokker-Werke G. m.b. H. an den Magistrat der Stadt Schwerin vom 16.Juni 1919 gibt zum ersten mal den Sitz des Direktionsbiiros unter der Adresse "Bergstrafte 25" in Schwerin an. Nachforschungen des Autors haben ergeben, daft die Einwohnermeldebiicher des Jahres 1919 erstmals unter den Anwohnern der Bergstrafte 25 den "Direktor der Fokkerflugzeugwerke" Carl Burgdorff auffiihren. Burgdorff hatte, wie es scheint schon friiher, also in den Jahre 1915 bis 1918 die kaufmannische Leitung der Firma Fokker inne, denn er fiihrte grofte Teile des Schriftverkehrs der Fokker Flugzeugwerke G. m.b. H.. In den Einwohnermeldelisten der Residenz – und Hauptstadt Sclrwerin wird er auch ab 1915 als Anwohner der Bergstrafte 25 aufgefiihrt. Seltsam ist hierbei nur, daft als Angabe iiber seinen Beruf bis einschlieftlich 1918 "Kaufmann" eingetragen ist. Im Jahr 1919 anderte sich dies in "Direktor der Fokkerflugzeugwerke". Danach, also 1920 erfolgte wieder die Anderung in "Kaufmann"2).

Entweder, es handelt sich hierbei um ein Mifiverstandnis wahrend der Eintragungen, oder, was wahrscheinlicher ist, Burgdorff war tatsachlich, zumindest fur das Jahr 1919 der "Direktor" der Fokker – Flugzeugwerke. Demzufolge kann es Reinhold Platz in dieser Zeit nicht gewesen sein und wohl auch nie davor, da er, w-enn man den Einwohnermeldebtichern der Stadt Schwerin glaubt, von Beruf lediglich "Flugzeugmonteur" gewesen war.

‘) Fokker: Dcrjlicgcnde Hollander, S.290-296, 1933 !) Inv. Nr.12, Akie S-l

In Schwerin wurden noch in den letzten Tagen des I. Weltkriegs zwei neue kleine Flugzeuge entworfen. Sie basierten auf der Fokker D. VIII und waren Parasol-Eindecker. Diese Flugzeuge waren dafiir vorgesehen, sie an Privatpersonen als Sportflugzeuge zu verkaufen. Beide waren verkleinerte Versionen der D. VIII, die sich in der Serienproduktion fur das Militar bereits als auBerst wirtschaftlich herauskristallisiert hatte. Es drehte sich dabei um die Typen V.39 und V.40. Wahrend die V.39 von einem 50 PS Gnome 7-Zylinder angetrieben wurde hatte die kleinere Version, die V.40, nur einen 35 PS Anzani 3-Zylinder als Antriebseinheit. Ein Absatzmarkt fiir diese Flugzeuge war nicht vorhanden, da den wenigen Personen die fiir die Sportfliegerei Interesse zeigen wurden andere Probleme iiber den Kopf wuchsen.

Die V.41 entstand im Entwicklungsbiiro der Fokker Flugzeugwerke G. m.b. H. in Schwerin/Mecklenburg als letzte Maschine, die in deren Typenliste aufgefiihrt wurde. Annand der Daten, die man aus dieser letzten Seite der Typenliste heraussehen kann handelte es sich um einen weiteren Doppeldecker mit freitragenden Fliigeln mit N-formigen Stielen gegen Fliigelverdrehung. Als Triebwerk kam der 185 PS B. M.W. zum Einbau. Mit der V.41 endete die Reihe der Flugzeuge die bei Fokker in Schwerin fiir den Militareinsatz gebaut wurden.

Weitere Typen entstanden nach dem Krieg in Schwerin als sich Fokker bereits in Holland befand und zuniichst keinen direkten EinfluB auf die weitere Entwicklung der Flugzeuge hatte.

Man baute die Fokker D. X, einen Тур dessen Leistungen fiir seine Zeit hervorragend waren. Sie erreichte eine Hochstgeschwindigkeit von bis zu 225 km/h. Das Projekt D. X wurde in Schwerin begonnen aber bald nach dem Baubeginn beiseite gelegt. Im Jahr 1921 wurde sie nach Amsterdam gebracht wo sie bei Fokker fertiggestellt worden ist. Spiiter wurde von diesem Flugzeug eine modifizierte Variante unter der Bezeichnung F. VI als einsitziges, gepanzertes Kampfflugzeug von der U. S. Army Air Sen-ice im Jahre 1922 in kleiner Stiickzahl abgenommen. Aus ihr entstand die Fokker S. l. Ihr Prototyp wurde von Herrn Fokker mit nach Amerika genommen und dort auch von den Amerikanern gekauft und anschlieBend getestet. Das Flugzeug wurde in keiner weiteren Form gefertigt. Aber bis 1922 war es noch lange hin.