Die Flugzeugentwicklung und die Erweiterung der Werke bis zum Ende 1913
Der nachste Тур in der chronologischen Folge war die M.3. Auch sie enthielt alle Merkmale wie sie seit der Spinne von Fokker beibehalten wurden. Im Prinzip entsprach sie der M.2, barg aber einige Anderung am Rumpf in sich. Zwar wurde auch dieser auf der Grundlage des Rumpfes der Jeannin-Stahltaube von Reinhold Platz aus Stahlrohren geschweilk, hatte aber diesmal keinen runden, sondern einen eckigen Querschnitt. Angetrieben wurde auch sie durch den 95 PS Mercedes Motor.
Den erfolglosen Jungfernflug der M.3 fiihrte Anthony Fokker am 26.September 1913 in Johannisthal durch. Die Lebensdauer der Maschinen blieb auf einen kurzen Zeitraum beschrankt. Im November 1913 ging sie wahrend einer Landung nach einem Trainingsflug zu Bruch. Anthony Fokker entschied sich dazu eine Variante der M.3 zu bauen, die von einem 70 PS Renault angetrieben werden sollte. Dieser Тур erhielt die Bezeichnung Fokker M.3A. Die M.3A war ein Fehlschlag und wurde von Fokker an einen Russen verkauft. Sparer ging sie in den Besitz von Ernst Dietzuleit iiber. Er zerstorte sie schlieftlich am /.September 1914 durch eine unsanften Landung.
Es war offensichtlich, daB Anthony Fokker, solange er an den Punkten seiner Patentschrift festhielt und weiterhin Flugzeuge nach ihr bauen wiirde, nicht im harten Wettbewerb um Militarauftrage wiirde bestehen konnen. Die Zeit war reif fur die Entwicklung von neuen, andersartigen Flugzeugtypen, die mehr Erfolg versprachen als die bisherigen. Fokker erteilte an einen seiner Mitarbeiter, den Ingenieur Palm den Auftrag einen neuen Flugzeugtyp zu entwickeln, der im Stande sein sollte endlich den gewiinschten Anforderungen der Militars zu entsprechen. Aus Palms Arbeit ging die Fokker M.4 hervor. Einmal mehr war es Reinhold Platz, der den Rumpf aus Stahlrohren schweiBte und sich dabei einige Neuerungen einfallen lieB und auch umsetzte. Wahrend also der Rumpf ein weiteres Mai aus Stahlrohren aufgebaut war, bestand die Konstruktion der Tragfliigel aus Holz und wurde nach oben und unten abgespannt.
Die Steuereinrichtung der M.4 entsprach endlich auch den Anforderungen des Heeres. Sogar die Schraglagensteuerung wurde nicht mehr mittels Flachenverwindung erzielt sondern durch Querruder. Gebaut wurde dieses Flugzeug in den Werkhallen der Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. in Schwerin. Ihr Jungfernflug erfolgte im November 1913.
Als die M.4 durch Leutnant Miihlig-Hoffmann fiir die Behorden gepriift wurde, bescheinigte er der Maschine ein unstabiles Flugverhalten und mangelnde Leistungsfahigkeit. Damit war dieser Prototyp und die damit verbundenen Anstrengungen und Versuche der Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. im Wettkampf um Auftrage fiir das Militar ein weiterer Schlag ins Wasser geworden. Die M.4 wurde daraufhin zerlegt.
Noch wahrend die M.4 in Planung und im Bau war, entwarf Palm gemeinsam mit seinem Assistenten Martin Kreutzer ein weiteres Wasserflugzeug nach den Wiinschen von Fokker – die W.2. Geplant war von ihm dieses Wasserflugzeug im August 1914 an einem angekiindigten Wasserflugzeug-Wettbewerb des Reichs-Marine – Amtes teil nehmen zu lassen, wozu es allerdings nicht mehr kam.
*) Militargeschichtliches Forschungsamt: DieMilitarluftfabrt bis zum Beginn des Weltkrieges 1914, technischer Band, S.90, 1966
) Derartige Zusatzbezeichnungen wie A, E = Einsuelig, К = Klappenverwindung, Z=Zweistielig usf. waren keine Fokker-Bezeichnungen. Sie werden hier lediglich von uns zur besseren Unterscheidung der einzelnen Varianten verwendet.
Bereits nach wenigen Versuchsfahrten auf dem Schweriner See und kurzen Fliigen gewann Anthony Herman Gerard Fokker den unumstiirzlichen Eindruck der Aussichtslosigkeit dieses Entwurfes und lieft die W.2 umgehend demontieren. Fokker trennte sich daraufhin von Palm.
Trotz all dieser Fehlschlage in der Entwicklung von neuen Prototypen wurde die Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. von der Militarfiihrung dennoch auf die Liste all derer deutschen Flugzeughersteller gesetzt, denen die Moglichkeit weiterer Auftrage durch die Militarfiihrung in Aussicht gestellt wurden.
Daft dies so blieb, konnte Fokker einzig und alleine der Tatsache verdanken, daft seine verbissenen Versuche fiir den Militardienst taugliche Prototypen hervorzubringen einen so groften Eindruck bei den Militars hinterlieften, daft sie ihn auch weiterhin im Auge behalten wollten obwohl seine bisherigen Arbeiten weitgehend glatte Fehlschlage waren.
Als Nachfolger des Konstrukteurs der M.4 und der W.2 wurde von Anthony Fokker dessen Assistent Martin Kreutzer eingesetzt. Er war Ingenieur, und ein guter obendrein. Reinhold Platz entwickelte sich nach und nach zur rechten Hand Kreutzers, der bis zu seinem Tod im Sommer des Jahres 1916 bei Fokker der Verantwortliche fiir die Entwicklung neuer Typen blieb. Platz beschrieb ihn als sehr angenehmen jungen Konstrukteur und Flieger.
Ab Oktober 1913 hatte die Fokker Aeroplanbau G. m.b. H. ihre gesamten Produktionsraume von Johannisthal nach Schwerin-Gorries, und Schwerin selbst, verlegt. Das Einzige was Anthony Fokker in Johannisthal noch in Betrieb hielt war seine Flugschule fiir Zivilpersonen sowie eine kleine Reparaturwerkstatte, in der Schaden an Trainingsflugzeugen behoben werden konnten. Die Geschaftsleitung wurde von Hans Haller iibernommen. Unterdessen hatte Fokker mittlerweile ca. 100 Arbeitsplatze in seinem Unternehmen geschaffen. XVirtschaftlich gesehen ging es der Firma des hollanders aber dennoch nicht gut. Sie war verschuldet und augenblicklich nicht in der Lage ihre Glaubiger, vorwiegend hollandische Finanziere aus dem Bekanntenkreis der Familie Fokker, darunter auch Anthonys Onkel Eduard Fokker, zu bezahlen. Auch die Militar-Flugschule warf bei weitem nicht mehr soviet Profit ab wie noch kurz zuvor.
Daft er weiterhin geplant hatte sowohl Wasser – als auch Landflugzeuge in seiner Firma zu bauen, beweist eine weitere Werbeanzeige aus der Deutschen Luftfahrer-Zeitschrift vom 25.Juni 1913 und der Umstand, daft die Stadt Schwerin ihm ein Gelande am Schweriner See zur Verfiigung stellte und ihm don eine Halle fiir den Bau von Wasserflugzeugen errichten liefi.
Flugzeugfabrik "Fokker"
Die steigende Nachfrage nach Wasserflugzeugen hat viele Firmen veranlafh, einen Fell ihres Betnebes an hierzu geeignete Pldtze zu verlegen. A Is einer der schonsten gilt wohl der Schweriner See.
Die Residenzstadt Schwerin hat hierfiir in entgegenkommenster Weise der Firma Fokker-Aeroplanbau G. m.b. H. ein Terrain unmittelbar an diesem See zur Verfiigung gestellt, auf welchern durch die Firma R. Thiede, Berlin-Ha len s ее, im Auftrage der Stadt Schwerin in 8 Wochen eine Wasserflugzeugfabrik erbaut worden ist, welche in jeder Richtung als mustergiiltig bezeichnet werden kann.
DiegrofeAnlage, welche, wie unser Bild zeigt, sich aufierst reizvoll der naturschonen Gegend anpafit, besteht aus einer 20 x 26 m grofien Febnkationshalle, welcher sich die Schreinerei, Bootsbauerei, Tapeziererei, Lackiererei, der matenalraum, Arbeiteraufenthaltsraum, Raum fiir den Werkmeister, Waschraum und hieran in einem seitlichen Anbau Klosett – und Garagenraiime anschliefien.
Neben dergrofen Fabrikationshalle, deren Dach von fiinf Mittelstiitzen getragen wird, liegt die Flugzeughallefiir die fertigen Apparate, 20 x 26 m grofi, deren Dach freitragend, nach System Thiede, hergestellt ist. Ein 20 m breites Tor some erne Slippanlage vermittelt die direkte Verbindung mit dem See. Auf der vorderen Strafenseite hegen in einem massiven Anbau die Verwaltungsrdume. Das ganze von einem Zaun umgebene Werk ist in seiner Grundrifanordnung sowie in semen konstruktionen als gut gelungen zu bezeichnen.!)
‘) Deutsche Luftfahrer-Zeitschrift Nr.4: S.93 vom 18.Februar 1914.