Die aufierordentlich hemerkenswerte Festigkeit der Fokker M.2

Im Zusammenhang mit dem oben erwahntem Wettbewerb fertigten die Firmen Albatros und Rumpler sogenannte "Klapptauben" an, um die Verladefahigkeit dieser Flugzeuge zu verbessern. Die Tragfliigel dieser Flugzeuge wurden in der Mitte noch einmal geteilt, um sie besser auf den Transportanhangern verstauen zu konnen. Am 4.September 1913 stfirzte Leutnant von Eckenbrecher mit einer solchen Rumpler-”Klapptaube" auf dem Exerzierplatz Heidau bei Berlin todlich ab. Umrehend wurden alle Flugzeuge der selben Lieferung aus dem Dienst herausgezogen und der Generalinspekteur Generalleutnant von Hiinisch, setzte eine Untersuchungskommission ein, die mit der Klarung der Unfallursache betraut wurde. Diese Kommission, bestehend aus Maj. Siegert, Obit. Joly, Obit. Frhr. v. Thiina, Lt. Buttlar und Dipl. Ing. Eberhard, stellten fest, dafi das Material aller Rumpler-Tauben in seinen Abmessungen zu schwach bemessen und den Beanspruchungen dadurch nicht gewachsen gewesen sei. Hand in Hand mit den Untersuchungen dieser Kommission gingen Belastungsversuche, wie sie in dieser Ausfiihrlichkeit noch nie zuvor angestellt wurden. Anhand dieser Belastungsproben wurde bewiesen, dafi diese fiir die Klarung grundsatzlicher Festigkeitsfragen und der Sicherheit der Piloten unerlasslich sind.

Zwischen dem 21.September und dem 9.0ktober 1913 wurden in Dbberitz zum ersten Male Flugzeuge bis zum strukturellen Bruch belastet. Die Untersuchungen erstereckten sich auf zwei Rumpler-Tauben mit festen und eine mit Klappfliigeln, eine Gotha-, eine Jeannin – und zwei Albatros-Tauben sowie einem Fokker-Eindecker.

‘) Fokker: Der flicgendc Hollander, 1933.

Das tiberraschende war nun, daft der Fokker-Eindecker durch seine, fur die damaligen Verhaltnisse erstaunlich hohe Sicherheit von 4,5 auffiel und seine aufterordentlich gediegene Konstruktion der Fltigelholme und deren Aufhangung auffiel1’2).

Ergebnisse der ersten Bruchversuche in Doberitz

Apparat

Bruchlast in kg

Gewicht des Flugzeuges kriegsmafiig belastet in kg

Sicherheits-

grad

1. Fokker-Eindecker4675,0

1029,0

4,50

2. Albatros

3614,8

1006,5

3,56

3. Albatros (Klapp)3555,0

1008,0

3,53

4. Jeannin

3429,0

996,2

3,45

5. Rumpler (1912)3146,0

919,0

3,42

6. Rumpler (1913)2853,0

987,0

2,90

7. Gotha

2768,0

1052,5

2,60

8. Rumpler (Klapp)2507,0

9. Aufier der Konkurenz nachgepriifter

997,0

2,50

verstarkter Rumpler

4122,0

1056,3

3,90

‘) Miluargeschichtliches Forschungsamt: DieMilitarluftfahrt his zum Beginn ties Weltkncgcs 1914, techmscher Band, S.77, 221-229, 1966.

") Bericht liber die Untersuchungen, veranlafit durch den Absturz des Leutnants v. Eckenbrecher mit Klapptaube іт September 1913: »…///. Bclastungsproben der Eindccker. 1. Versuchscinnchtung: Die Maschinen wurden in fertig montiertem Zustand auf den Кор/gcstcllt, dann vorsichtig auf den Rucken gclegt und schliefthch durch zu ci Bocke derart unterstutzr, da/ die BcLastung in der sclben Weise auf die Flugel wirktc, wic der Luftdruck im Fluge.

DicBeUstung der Tragdcckcn erfolgtc bei den jholmigen Tauben durch allmahhchcs Aufsetzen von mit Bleischroten gefullten Sacken in der Weise, daft zurjehst dir Mittclholmc bcider Flugel glcichzeitig von innen nach a often mit ciner Schicht von Blcisacken bclcgt •wurden, worauf beidcrscits gleichzeitig die Vorder – und Hinicrholme in dersclbcn Art beUstct wurden. Durch Aufsetzen wcitercr Schichtcn von Blei in dcrsclben Rcihenfolgc wurdc dieMaschinc schlicftlich zum Bruchc gcbracht. Bei der Iholmigen Fokker-Maschine erfolgtc die Bclastung bcider Holme glcichzeitig.

Die Vcrtcilung der hasten wurdc nach Moglichkcit so durchgefuhrt, daft sic cimgermaften der Verteilung des Luftdruckes im Fluge entsprach… l. Bru chprotokolle…

h.) Fokker A 99/13 (M.2)

Bclastungsgewicht

4530 kg

Flugclgcwicht

145 kg

Bruchlast

4675 kg

Gewicht der kriegsmdftig belasteten Mas chine

4675 kg

Sicherhcitsgrad S «= 4,5

Bruchursache: Einkmcken ciner Fahrgestcllstrebc.

Bemerkungen: l. Die maschinc glcichfalls bis zum Augenbhck des Bruchs absolut flugfahig. 2.Die aufterordentlich gediegene Konstruktion der Fluftbolme sowie ihrc sachgemdftc Befcstigung an den Holmcn lieften von vomhercin erkennen, daft der schwdchstc Punkt im Fahrgcstcll zu suchen ist.

Da der strukturelle Bruch der in Doberitz erprobten M.2 durch das Einknicken einer Fahrgestellgestellstrebe verursacht wurde, zu welcher die Flachen hin abgespannt waren, hatte die Sicherheitszahl durch eine entsprechende Verstarkung dieser Teile noch bis iiber das 5-fache hinaus gesteigert werden konnen. Auch wenn die Flugeigenschaften der Maschine nicht den militarischen Anforderungen entsprachen, so war die M.2 doch eines der sichersten Flugzeuge seiner Zeit im Dienst der Fliegertruppe.

Dadurch, dafi kurz vor dem Kaisermanover im 1913 20 Rumpler-Tauben der "Eckenbrecher-Serie" zur Verstarkung der Struktur aus den Heeresbestanden herausgezogen wurden, stellte sich bald ein Mangel an einsatzfahigen Eindeckern heraus, der sobald als moglich ausgeglichen werden mufite. Aus diesem Grunde wandte sich die Idflieg gegen Ende 1913 an die Firmen Aviatik, D. F.W. und Fokker und verhandelte mit ihnen iiber die Lieferung neuer Tauben Es ist aber nicht bekannt, dafi bei Fokker jemals Tauben gebaut wurden.