Der erste grofle Auftrag durch die Heeresverwaltung

Fiir das Ende des Jahres 1913 kiindigte die preufiische Heeresfiihrung die Abhaltung eines Vergleichsfliegens, wie es zuvor auch schon von der Marine veranstaltet wurde, an. Dem Gewinner dieses Wettbewerbs, bei dem es darum ging, ein Flugzeug zu entwerfen, das mit alien Ersatzteilen fiir Zelle und Motor sowie alien Betriebsmitteln, einem Zelthangar u. s.f., als abgeschlossene Einheit, Strafientransportfahig sein sollte, wurde ein Auftrag liber die Lieferung von 10 seiner Flugzeuge zugesichert. Fokker war sich vollig im Klaren dariiber, dafi seine M. l schon nur ihrer langsamen Fluggeschwindigkeit wegen nicht den gestellten Anforderungen entsprechen und darum auch den Preis nicht wiirde einfliegen konnen. Ein neuer Тур mufite entworfen und gebaut werden1).

Emile Jeannin, einer der bekanntesten Pioniere in der Geschichte der deutschen Luftfahrt hatte in Johannisthal seine Firma Flugzeugbau Jeannin, in der er bereits verschiedene Flugzeugmuster entworfen und auch gebaut hatte. Bei seinen Flugzeugentwiirfen verwendete Jeannin in grofiem Mafie die Techmk des Autogenschweifiens. Im April des Jahres 1912 konnte er mit der Vorfiihrung seiner Stahltaube einen grofien Erfolg verbuchen, da dieses Flugzeug alle derzeit geltenden Abnahmebedingungen ohne Schwierigkeiten erfiillte. Besonders bewunderte die General-Inspektion die sehr saubere BauausKihrung dieser Maschine. Bei der Stahltaube war Jeannin darauf bedacht eine moglichst hohe Festigkeit zu erzielen, indem er weitgehend auf die Technik des autogenen Schweifiens und die Verwendung von Stahlrohr zuriickgriff).

* Fokker: DerJhcgenJc Hollander, 1933.

‘ Bau – und Lageplan "Flugzeughalle in Gorries", datiert auf 1912, Inv. Nr.13, Akte G-l.

^ Brieftvechsel zwischen Achim Engels und Peter Grosz. Grosz kannte Lissauer personheh. Er war nie bei Fokker tatig. Als Gegensatz hierzu siehe Briefe von Reinhold Platz, Inv. Nr.36, Akte Fok. allg. l.

^ Flugsport 1913.

Eben diese Jeannin "STAHLTAUBE" flofi mit in die Entwicklung des neuen Fokker-Typs ein. Fokker erwarb einen dieser aus Stahlrohren geschweifiten Riimpfe und gestaltete um ihn herum seinen neuen Тур, die M.2. Auch dieses Flugzeug wurde nach den Gesichtspunkten der von Anthony Fokker patentierten Konstruktionsmerkmale der Spinne gebaut. Angetrieben wurde die Maschine durch den neuen 95 P. S. Mercedes Motor. Fokker liefi sich bei Mercedes einen besonderen 2 t Transport-Lkw fiir dieses Flugzeug bauen ’)•

Durch die Tatsache, dafi er mit diesem kompakten Fahrzeug einen gewaltigen Vorteil gegeniiber den Flugzeugherstellern besafi, die ihre Flugzeuge auf Anhangern transportierten, gewann er den oben erwahnten Wettbewerb, und erhielt den Auftrag iiber zehn Fokker M.2 mit Transportlastern zu einem Stiickpreis von 45.000,- Reichsmark. Kurz darauf folgte ein weiterer Auftrag fiber sechs Flugzeuge ohne Lastkraftwagen zum Preis von 22.000,- Reichsmark. Der Gesamte Auftrag umfafite demnach eine Grofienordnung von 582.000,- Reichsmark ‘). Obwohl von den letzten sechs bestellten Flugzeugen nur zwei wahrend des Jahres 1913 fertiggestellt wurden, gab dies der Fokker Aeroplanbau G. m.b. FI fur das erste wieder einen Auftrieb und erlaubte Fokker weitere Unternehmungen zu finanzieren. Mit offiziellem Auftrag wurde die M.2 nochmals genau durch Leutnant Miihlig-Hoffmann gepriift. Er stellte in seinem ausfiihrlichen Bericht fest, dafi ihre Flugeigenschaften nicht dem momentanen Stand der Moglichkeiten entsprachen, und somit weitere Anschaffungen dieser Type nicht zu empfehlen seien. Auch die Art der Steuerung entsprach nicht der seit 1912 verlangten "Normalsteuerung". Anthony Fokker bemiihte sich sehr darum die Leistungsfahigkeit seiner M.2 durch mehrere Modifikationen zu verbessern, was ihm aber nicht gelang.

Trotz allem iiberraschte dieser Fokker-Eindecker in den spiiten Tagen des Jahres 1913 durch seine aufierordentlich hohe Festigkeit und unterschied sich hierm erheblich von seinem Vorlaufer, der M. l. Hierrauf wollen wir im Nachstehenden etwas naher eingehen.